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LENIN: ÜBER DEN KAMPF GEGEN DEN REVISIONISMUS


IV. ES IST NOTWENDIG, ENTSCHIEDEN GEGEN DEN REVISIONISMUS ZU KÄMPFEN


DER REVISIONISMUS MALT DIE BOURGEOISIE IN GLÄNZENDEN FARBEN, PUTZT SIE AUF, UM DIE ARBEITERKLASSE HINTERS LICHT ZU FÜHREN UND ZU ENTZWEIEN

Die imperialistische Epoche verträgt sich nicht damit, daß in ein und derselben Partei neben der Vorhut des revolutionären Proletariats eine halb kleinbürgerliche Aristokratie der Arbeiterklasse existiert, der Brocken von den Privilegien der "Großmacht"stellung "ihrer" Nation zufallen. Die alte Theorie vom Opportunismus als einer "berechtigten Schattierung" der einheitlichen, allen "Extremen" fremden Partei ist jetzt zum schlimmsten Betrug an den Arbeitern und zum größten Hindernis für die Arbeiterbewegung geworden. Der offene Opportunismus, der die Arbeitermassen sofort von sich abstößt, ist nicht so gefährlich und so schädlich wie diese Theorie der goldenen Mitte, die mit marxistischen Schlagworten die opportunistische Praxis zu rechtfertigen und mit einer Reihe von Sophismen das Unzeitgemäße revolutionärer Aktionen usw. nachzuweisen sucht. Der namhafteste Vertreter dieser Theorie und zugleich die namhafteste Autorität der II. Internationale, Kautsky, hat sich als erstklassiger Heuchler und als Virtuose in der Prostituierung des Marxismus enthüllt.

Aus: "Der Zusammenbruch der II. Internationale", (2. Maihälfte - 1. Junihälfte 1915)


Die Sozialisten, die bei Kriegsbeginn auf die Seite der Bourgeoisie übergelaufen sind, alle diese David und Scheidemann in Deutschland, die Plechanow-Potressow-Gwosdew und Co. in Rußland, haben lange und aus vollem Halse gegen die "Illusionen" der Revolutionäre gezetert, gegen die "Illusionen" des Basler Manifests, gegen die "Traumkomödie" der Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg. Sie haben in allen Tonarten die angeblich vom Kapitalismus an den Tag gelegte Macht, Lebenskraft und Anpassungsfähigkeit besungen - sie, die den Kapitalisten geholfen haben, die Arbeiterklassen der verschiedenen Länder "anzupassen", zu zähmen, hinters Licht zu führen und zu entzweien!

Aus: "Briefe aus der Ferne" (7. März 1917)


Die Bourgeoisie braucht solche Handlanger, denen ein Teil der Arbeiterklasse vertraut und die Bourgeoisie mit den Redereien über die Möglichkeit des reformerischen Wegs aufputzen und herausstreichen, dem Volk mit solchen Redereien Sand in die Augen streuen, das Volk durch Ausmalen der Reize und Möglichkeiten des reformerischen Wegs von der Revolution ablenken.

Alle Schriften der Kautsky wie auch unserer Menschewiki und Sozialrevolutionäre laufen auf ein solches Ausmalen hinaus, auf das Geflenne des feigen Spießbürgers, der vor der Revolution Angst hat.

Aus: "Über die Aufgaben der III. Internationale" (14. Juli 1919)


DIE BOURGEOISIE VERSTEHT, DAß DIE REVISIONISTEN INNERHALB DER ARBEITERBEWEGUNG, BESSERE VERTEIDIGER DER BOURGEOISIE SIND ALS DIE BOURGEOISIE SELBST

Ich will nicht darauf eingehen, wie wir das konkret durchführen müssen. Davon ist in meinen Thesen die Rede, die bereits veröffentlicht worden sind. Ich habe hier nur auf die tiefen ökonomischen Wurzeln dieser Erscheinung hinzuweisen. Diese Krankheit zieht sich hin, ihre Heilung dauert länger, als die Optimisten hoffen zu dürfen glaubten. Der Opportunismus ist unser Hauptfeind. Der Opportunismus in den Spitzen de Arbeiterbewegung ist kein proletarischer, sondern ein bürgerlicher Sozialismus. Die Praxis hat bewiesen, daß die Politiker innerhalb der Arbeiterbewegung, die der opportunistischen Richtung angehören, bessere Verteidiger der Bourgeoisie sind als die Bourgeoisie selbst. Hätten sie nicht die Führung der Arbeiter in ihrer Hand, so könnte sich die Bourgeoisie nicht behaupten. Das beweist nicht nur die Geschichte des Kerenskiregimes in Rußland, das beweist auch die demokratische Republik in Deutschland mit ihrer sozialdemokratischen Regierung an der Spitze; das beweist die Stellung von Albert Thomas zu seiner bürgerlichen Regierung. Das beweisen die analogen Erfahrungen in England und in den Vereinigten Staaten. Hier steht unser Hauptfeind, und diesen Feind müssen wir besiegen. Wir müssen den Kongreß mit dem festen Entschluß verlassen, diesen Kampf in allen Parteien zu Ende zu führen. Das ist die Hauptaufgabe.

Aus: "II. Kongreß der Kommunistischen Internationale: Referat über die internationale Lage und die Hauptaufgaben der Kommunistischen Internationale" (19 Juli 1920)


DIE GANZE BEDEUTUNG DES KAMPFES GEGEN DEN REVISIONISMUS LIEGT DARIN, TIEFER, ZU DEN UNTERSTEN, ZU DEN WIRKLICHEN MASSEN ZU GEHEN ZU GEHEN, UM SICH DIE MASSEN ZU GEWINNEN

Von der "bürgerliche Arbeiterpartei" der alten Trade-Unions, von der privilegierten Minderheit, unterscheidet Engels die "unterste Masse", die tatsächliche Mehrheit, und an sie, die von der "bürgerlichen Ehrbarkeit" nicht angesteckt ist, apelliert er. Das ist das Wesen der marxistischen Taktik!

Wir können nicht - und niemand kann - genau ausrechnen, welcher Teil des Proletariats den Sozialchauvinisten und Opportunisten folgt und folgen wird. Das wird erst der Kampf zeigen, das wird endgültig nur die sozialistische Revolution entscheiden. Aber wir wissen mit Bestimmtheit, daß die "Vaterlandsverteidiger" im imperialistischen Krieg nur eine Minderheit darstellen. Und es ist daher unsere Pflicht, wenn wir Sozialisten bleiben wollen, tiefer, zu den untersten, zu den wirklichen Massen zu gehen: darin liegt die ganze Bedeutung des Kampfes gegen den Opportunismus und der ganze Inhalt dieses Kampfes. Indem wir enthüllen, daß die Opportunisten und Sozialchauvinisten in Wirklichkeit die Interessen der Massen verraten und verkaufen, daß sie in Wirklichkeit verbündete und Agenten der Bourgeoisie sind, lehren wir die Massen, ihre wirklichen politischen Interessen zu erkennen und durch all die langen und qualvollen Wechselfälle der imperialistischen Kriege und der imperialistischen Waffenstillstände hindurch für den Sozialismus und die Revolution zu kämpfen.

Den Massen die Unvermeidbarkeit und Notwendigkeit des Bruchs mit dem Opportunismus klarmachen, sie durch schonungslosen Kampf gegen den Opportunismus erziehen, die Erfahrungen des Krieges ausnutzen, um alle Niederträchtigkeiten der nationalliberalen Arbeiterpolitik aufzudecken und nicht zu bemänteln - das ist die einzig marxistische Linie in der Arbeiterbewegung der ganzen Welt.

Aus: "Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus" (Oktober 1916)


Gegen die Sozialverräter, gegen den Reformismus und Opportunismus - das ist die politische Linie, die auf ausnahmslos allen Gebieten des Kampfes verfolgt werden kann und verfolgt werden muß. Dann wird es uns auch gelingen, die Arbeitermassen zu gewinnen. Und gestützt auf die Arbeitermassen, wird die Avantgarde des Proletariats, die marxistische zentralisierte politische Partei, das Volk den richtigen Weg zur siegreichen Diktatur des Proletariats, zur proletarischen Demokratie an Stelle der bürgerlichen, zur Sowjetrepublik, zur sozialistischen Gesellschaftsordnung führen.

Aus: "Gruß den italienischen, französischen und deutschen Kommunisten" (10. Oktober 1919)


Nicht das ist die Frage, ihr Herren Kautskyaner, sondern es handelt sich darum, daß ihr jetzt in den imperialistischen Ländern Europas die Lakaien spielt für die Opportunisten, die dem Proletariat als Klasse fremd sind, die Diener, Agenten der Bourgeoisie, Schrittmacher ihres Einflusses sind, von denen sich die Arbeiterbewegung befreien muß, wenn sie nicht eine bürgerliche Arbeiterbewegung bleiben soll. Eure Predigt der "Einheit" mit den Opportunisten, mit den Legien und David, den Plechanow oder Tschenkeli und Potressow usw. ist objektiv eine Verteidigung der Versklavung der Arbeiter durch die imperialistische Bourgeoisie mit Hilfe ihrer besten Agenten in der Arbeiterbewegung. Der Sieg der revolutionären Sozialdemokratie im Weltmaßstab ist absolut unvermeidlich, aber nur gegen euch wird er sich anbahnen und vorwärtsschreiten, wird er erkämpft und errungen werden, er wird ein Sieg über euch sein.

Aus: "Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus" (Oktober 1916)


Eine unerläßliche Voraussetzung für die Vorbereitung des Proletariats auf seinen Sieg ist der langwierige, beharrliche, schonungslose Kampf gegen den Opportunismus, Reformismus, Sozialchauvinismus und ähnliche bürgerliche Einflüsse und Strömungen, die unvermeidlich sind, solange das Proletariat unter kapitalistischen Verhältnissen wirkt. Ohne diesen Kampf, ohne vorhergehenden vollständigen Sieg über den Opportunismus in der Arbeiterbewegung kann von der Diktatur des Proletariats nicht die Rede sein. Der Bolschewismus hätte die Bourgeoisie in den Jahren 1917 - 1919 nicht besiegen können, wenn er nicht vorher, in den Jahren 1903 - 1917, gelernt hätte, die Menschewiki, das heißt die Opportunisten, Reformisten und Sozialchauvinisten, zu besiegen und sie schonungslos aus der Partei der proletarische Avantgarde zu vertreiben.

Aus: "Die Wahlen zur konstituierenden Versammlung und die Diktatur des Proletariats" (16. Dezember 1919)


DER REVISIONISMUS IST EINE INTERNATIONALE ERSCHEINUNG. ES IST NOTWENDIG, DIESES HINDERNIS BEISEITE ZU RÄUMEN

Die Unvermeidlichkeit des Revisionismus ist durch seine Klassenwurzeln in der modernen Gesellschaft bedingt. Der Revisionismus ist eine internationale Erscheinung. Für jeden einigermaßen erfahrenen und denkenden Sozialisten kann nicht der geringste Zweifel darüber bestehen, daß das Verhältnis zwischen Orthodoxen und Bernsteinanern in Deutschland, Guesdisten und Jauréisten (jetzt besonders Broussisten) in Frankreich, zwischen der Sozialdemokratischen Föderation und der Unabhängigen Arbeiterpartei in England, zwischen de Brouckère und Vandervelde in Belgien, Integralisten und Reformisten in Italien, Bolschewiki und Menschewiki in Rußland im Grunde genommen überall von gleicher Art, ist, trotz größter Mannigfaltigkeit der nationalen Bedingungen und der geschichtlichen Momente in der gegenwärtigen Situation aller dieser Länder. Die "Scheidung" innerhalb des heutigen internationale Sozialismus verläuft in den verschiedenen Ländern der Welt heute schon im Grunde genommen auf einer Linie und dokumentiert damit den gewaltigen Fortschritt gegenüber der Lage vor 30 . 40 Jahren, als sich in den verschiedenen Ländern innerhalb des einheitlichen Sozialismus verschiedenartige Tendenzen bekämpften. Und jener "Revisionismus von links", der heute in romanischen Ländern als "revolutionärer Syndikalismus" auftritt, paßt sich ebenfalls dem Marxismus an, indem er ihn "korrigiert": Labriola in Italien, Lagardelle in Frankreich appellieren auf Schritt und Tritt vom falsch verstandenen an den richtig verstandenen Marx.

Wir können hier keine Analyse des ideologischen Inhalts dieses Revisionismus vornehmen, der bei weitem noch nicht zu solcher Entfaltung gelangt, noch nicht zu einer internationalen Erscheinung geworden ist wie der opportunistische Revisionismus und der in der Praxis noch keine einzige große Schlacht mit einer sozialistischen Partei auch nur eines Landes bestanden hat. Wir beschränken und daher auf den oben umrissenen "Revisionismus von rechts".

Aus: "Marxismus und Revisionismus" (Vor dem 3. April 1908)


Der verhältnismäßig "friedliche" Charakter der Epoche 1871 bis 1914 nährte den Opportunismus anfangs als Stimmung, dann als Richtung, schließlich als Gruppe oder Schichten der Arbeiterbürokratie und der kleinbürgerlichen Mitläufer. Diese Elemente konnten die Arbeiterbewegung nur beherrschen, indem sie in Worten die revolutionären Ziele und die revolutionäre Taktik anerkannten. Sie konnten das Vertrauen der Massen erringen, weil sie schworen, dass die ganze "friedliche" Arbeit nur eine Vorbereitung der proletarischen Revolution sei. Dieser Widerspruch war ein Geschwulst, die einmal bersten musste; und sie ist geborsten. Die ganze Frage besteht darin, ob man -wie Kautsky & Co. - den Eiter zurück in den Organismus hineinzupressen versucht - wegen "Einigkeit" (mit dem Eiter) - oder ob man den Eiter recht schnell und sauber beseitigen soll, trotz des momentanen akuten Schmerzes, den dies verursacht, um dem Organismus der Arbeiterbewegung zur völligen Gesundheit zu verhelfen.

Aus: "Der Opportunismus und der Zusammenbruch der 2. Internationale" (veröffentlicht in der Zeitschrift "Vorbote", Nr. 1, Januar 1916)


Unser Gedanke wird dem Leser noch klarer werden, wenn wir Engels' Äußerungen über die englisch-amerikanische Bewegung mit seinen Äußerungen über die deutsche Bewegung vergleichen.

Solche Äußerungen gibt es im vorliegenden Briefwechsel ebenfalls sehr viele und höchst interessante. Durch alle diese Äußerungen zieht sich wie ein roter Faden Arbeit etwas ganz anderes: die Warnung vor dem "rechten Flügel" der Arbeiterpartei, der schonungslose (mitunter, wie bei Marx in den Jahren 1877 bis 1879, ungestüme) Krieg gegen den Opportunismus in der Sozialdemokratie.

Aus: "Vorwort zu den Briefen an Sorge" (6. April 1907)

Das ist eben mein Schicksal. Ein Waffengang nach dem andern - gegen politische Dummheiten und Banalitäten, gegen den Opportunismus usw.

So geht das seit 1893. daher auch der Hass der Hohlköpfe. Nun, ich würde trotzdem mein Schicksal nicht gegen einen "Frieden" mit den Hohlköpfe eintauschen.

Aus: Brief an Inès Armand. (18. Dezember 1916)


DIE KOMMUNISTEN BEGEHEN MANCHMAL AUCH FEHLER, SO WIE DIE ADLER MANCHMAL NIEDRIGER FLIEGEN ALS DIE HÜHNER. DOCH HÜHNER FLIEGEN NIE AUF ADLERHÖH'N. SOLLEN DIE REVISIONISTEN DOCH ÜBER DIE FEHLER DER KOMMUNISTEN IN VERZÜCKUNG GERATEN!

Im Vergleich damit wird die Korrektur der Fehler der "linken Strömung im Kommunismus eine leichte Aufgabe sein. In einer ganzen Reihe von Ländern beobachten wir einen Antiparlamentarismus, der nicht zu sehr von kleinbürgerlichen Elementen ausgeht als vielmehr von einigen Vortrupps des Proletariats unterstützt wird, und zwar aus Hass gegen den alten Parlamentarismus, aus berechtigter, begründeter, notwendiger Verbitterung gegen das Verhalten der parlamentarischen Führer in England, Frankreich, Italien und in allen anderen Ländern. Es ist nötig, dass die Kommunistische Internationale Direktiven gibt und dass man die Genossen näher bekannt macht mit den russischen Erfahrungen, mit der Bedeutung einer wirklich proletarischen politischen Partei. In der Lösung dieser Aufgabe wird unsere Arbeit bestehen. Und der Kampf gegen diese Fehler, gegen diese Mängel der proletarischen Bewegung wird tausendmal leichter sein als der Kampf gegen jene Bourgeoisie, die unter der Maske des Reformismus in die alten Parteien der II. Internationale eingedrungen ist und deren gesamte Arbeit nicht im proletarischen, sondern im bürgerlichen Geiste lenkt.

Aus: "Der II. Kongress der Kommunistischen Internationale. Referate über die eine internationale Lage und die Hauptaufgaben der Kommunistischen Internationale. (19. Juli 1920)


Man muß dafür sorgen, daß sich bei den Kommunisten nicht derselbe Fehler, nur von einer anderen Seite her, wiederholt oder, richtiger, daß derselbe Fehler, den die "linken" Kommunisten, nur von einer anderen Seite her, begehen, möglichst bald korrigiert und möglichst rasch und schmerzlos für den Organismus überwunden wird. Der linke Doktrinarismus ist ebenfalls ein Fehler, nicht nur der rechte Doktrinarismus. Natürlich ist der Fehler des linken Doktrinarismus im Kommunismus gegenwärtig tausendmal weniger gefährlich und weniger folgenschwer als der Fehler des rechten Doktrinarismus (d.h. des Sozialchauvinismus und des Kautskyanertums), aber doch nur, weil der linke Kommunismus eine ganz junge, eben erst im Entstehen begriffene Strömung ist. Nur darum kann diese Krankheit unter gewissen Bedingungen leicht geheilt werden, und man muß sich mit maximaler Energie daranmachen, sie zu heilen.

Aus: "Der 'Linke Radikalismus', die Kinderkrankheit im Kommunismus (April - Mai 1920)


Zweifellos beging Bebel auch in Essen einen Fehler, als er Noske verteidigte, als er den auf der Unterscheidung zwischen Verteidigungs- und Angriffskrieg bestand, als er sich gegen die Methode des Kampfes der "Radikalen" gegen von Kol wandte, als er (gemeinsam mit Singer) die Erfolglosigkeit und die Unrichtigkeit der Taktik der deutschen Delegation in Stuttgart bestritt. Wir dürfen diese Fehler nicht verbergen, sondern müssen an ihrem Beispiel zeigen, dass die russischen Sozialdemokraten lernen müssen, sie zu vermeiden, dass sie den höheren Anforderungen des revolutionären Marxismus gerecht werden müssen. Die russischen Anarchisten und Syndikalisten, die Liberalen und Sozialrevolutionäre aber mögen sich die Schadenfreude über unsere Kritik an Bebel sparen. Wir werden diese Herren sagen: Wohl traf's sich, dass des Adlers Flug ihn niedriger, als Hühner fliegen, trug, doch fliegen Hühner nie auf Adlershöh'n!

Aus: Vorwort zur Broschüre Woinows (A. W. Lunatscharskis) über das Verhältnis der Partei zu den Gewerkschaften (geschrieben im November 1907)


Paul Levi will sich jetzt bei der Bourgeoisie - und folglich bei der II. und zweieinhalbten Internationale, ihren Agenten - dadurch besonders verdient machen, dass er gerade diejenigen Werke Rosa Luxemburgs neu herausgibt, in denen sie Unrecht hatte. Die Antwort darauf mit ein paar Zeilen aus einer trefflichen russischen Fabel: Wohl traf's sich, dass des Adlers Flug ihn niedriger, als behindere fliegen, trug, doch fliegen Hühner nie auf Adlershöh'n. Rosa Luxemburg irrte in der Frage der Unabhängigkeit Polen; sie irrte 1903 in der Beurteilung des Menschewismus; sie irrte in der Theorie der Akkumulation des Kapitals, sie irrte, als sie im Juli 1914 neben Plechanow, Vandervelde, Kautsky u. a. für die Vereinigung der Bolschewiki mit den Menschewiki eintrat; sie irrte in ihren Gefängnisschriften von 1918 (wobei sie selbst nach der Entlassung aus dem Gefängnis Ende 1918 und Anfang 1990 ihre Fehler zum großen Teil korrigierte). Aber trotz aller dieser ihrer Fehler war sie und bleibt sie ein Adler; und nicht nur die Erinnerung an sie wird den Kommunisten der ganzen Welt immer teuer sein, sondern ihre Biografie und die vollständige Ausgabe ihrer Werke (mit der sich die deutschen Kommunisten in unglücklicher Weise verspäteten, was nur teilweise mit den unerhört vielen Opfern in ihrem schweren Kampf zu entschuldigen ist) werden eine sehr nützliche Lehre sein bei der Erziehung vieler Generationen von Kommunisten der ganzen Welt. "Die deutsche Sozialdemokratie ist nach dem 4. August 1914 ein stinkender Leichnam" - mit diesem Ausspruch Rosa Luxemburgs wird ihr Name in die Geschichte der Arbeiterbewegung der ganzen Welt eingehen. Auf dem Hinterhof der Arbeiterbewegung aber, zwischen den Misthaufen, werden Hühner vom Schlage Paul Levis, Scheidemann, Kautskys und dieser ganzen Sippschaft selbstverständlich über die Fehler der großen Kommunisten in ganz besondere Verzückung geraten. Jedem das seine.

Aus: "Notizen eines Publizisten" (Ende Februar 1992)



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