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LENIN: ÜBER DEN KAMPF GEGEN DEN REVISIONISMUS


II. DER REVISIONISMUS ENTSTELLT WILLKÜRLICH DIE PHILOSOPHIE, DIE POLITISCHE ÖKONOMIE UND DIE MARXISTISCHEN LEHREN ÜBER DEN KLASSENKAMPF (1)



IN DER PHILOSOPHIE SAGEN SIE SICH VOM DIALEKTISCHEN UND HISTORISCHEN MATERIALISMUS VÖLLIG LOS, INDEM SIE DIE 'RAFFINIERTE' (UND REVOLUTIONÄRE) DIALEKTIK DURCH DIE 'SCHLICHTE' (UND RUHIGE) 'EVOLUTION' ERSETZTEN

Auf dem Gebiet der Philosophie segelte der Revisionismus im Kielwasser der bürgerlich professoralen 'Wissenschaft'. Die Professoren gingen 'zurück zu Kant' - und der Revisionismus trottete hinter den Neokantianern her; die Professoren käuten die abgedroschenen pfäffischen Banalitäten gegen den philosophischen Materialismus wieder -, und die Revisionisten murmelten mit nachsichtigem Lächeln (Wort für Wort nach dem letzten Handbuch), der Materialismus sei längst 'widerlegt'; die Professoren behandelten Hegel als "toten Hund" [116], zuckten über die Dialektik verächtlich die Achseln, obwohl sie selber den Idealismus predigten, aber einen tausendmal seichteren und vulgäreren als den Hegelschen - und die Revisionisten folgten ihnen in den Sumpf der philosophischen Verflachung der Wissenschaft, indem sie die 'raffinierte' (und revolutionäre) Dialektik durch die 'schlichte' (und ruhige) 'Evolution' ersetzten.

Aus: "Marxismus und Revisionismus" (vor dem 3. April 1908)


Allen diesen Leuten kann nicht unerkannt geblieben sein, daß Marx und Engels ihre philosophischen Anschauungen dutzendemal als dialektischen Materialismus bezeichnet haben. Und alle diese Leute, die, trotz scharfer Differenzen in den politischen Ansichten, durch ihre Feindschaft gegen den dialektischen Materialismus geeint sind, erheben gleichzeitig Anspruch darauf, in der Philosophie Marxisten zu sein! Die Engelsche Dialektik sei 'Mystik' erklärt Berman. Die Ansichten von Engels seien 'veraltet', wirft Baserow so nebenbei, als etwas Selbstverständliches, hin. Der Materialismus sei widerlegt von unseren wackeren Streitern, die sich stolz auf die 'moderne Erkenntnistheorie', die 'neueste Philosophie' (oder den neuesten Positivismus), auf die 'Philosophie der modernen Naturwissenschaft' oder gar die 'Philosophie der Naturwissenschaft des 20. Jahrhunderts' berufen. Gestützt auf alle diese angeblich neusten Lehren, versteigen sich unsere Vernichter des dialektischen Materialismus kühn bis zum direkten Fideismus (das tritt bei Lunatscharski am klarsten hervor, aber durchaus nicht bei ihm allein!). Sobald es aber darum geht, ihre Stellung zu Marx und Engels direkt zu bestimmen, verlieren sie plötzlich allen Mut und alle Achtung vor ihren eigenen Überzeugungen. In der Tat sagen sie sich vom dialektischen Materialismus, d.h. vom Marxismus, völlig los. In Worten machen sie endlose Ausflüchte, versuchen sie, das Wesen der Frage zu umgehen, ihre Abtrünnigkeit zu verdecken und an die Stelle des Materialismus überhaupt irgendeinen einzelnen Materialisten zu setzen; sie weigern sich entschieden, die unzähligen materialistischen Äußerungen von Marx und Engels direkt zu analysieren. Eine wahre 'Meuterei auf den Knien', wie sich ein Marxist treffend ausdrückte. Das ist der typische philosophische Revisionismus, denn nur die Revisionisten haben eine traurige Berühmtheit dadurch erlangt, daß sie den Grundanschauungen des Marxismus abtrünnig geworden sind und Angst haben oder unfähig sind, offen, direkt, entschieden und klar mit aufgegebenen Anschauungen 'Abrechnung zu halten'.

Aus: "Materialismus und Empiriokritizismus. Kritische Bemerkungen über eine reaktionäre Philosophie". Vorwort zur ersten Ausgabe. (Febr.-Okt. 1908)


Die Dialektik wird durch Eklektizismus ersetzt. Das ist, was den Marxismus anlangt, die allgemein übliche, am weitesten verbreitete Erscheinung in der offiziellen sozialdemokratischen Literatur unserer Tage. Ein solches Ersetzen ist natürlich nichts Neues, es war sogar in der Geschichte der klassischen griechischen Philosophie zu beobachten. Bei der Verfälschung des Marxismus in Opportunismus pflegt die Verfälschung der Dialektik in Eklektizismus die Massen am leichtesten zu täuschen, sie gewährt eine scheinbare Befriedigung, berücksichtigt scheinbar alle Seiten des Prozesses, alle Entwicklungstendenzen, alle widerspruchsvollen Einflüsse usw., während sie in Wirklichkeit gar keine einheitliche, keine revolutionäre, Auffassung des gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses gibt.

Aus: "Staat und Revolution" (August-Sept. 1917)


Worin besteht der Hauptfehler aller dieser opportunistischen Argumente? Darin, daß in dieser Argumentation die sozialistische Theorie des Klassenkampfes als der einzigen realen Triebkraft der Geschichte faktisch ersetzt wird durch die bürgerliche Theorie des "solidarischen", "gesellschaftlichen" Fortschritts. Nach der Lehre des Sozialismus, d. h. des Marxismus (von einem nichtmarxistischen Sozialismus kann heute im Ernst schon nicht mehr die Rede sein), ist die wirkliche Triebkraft der Geschichte der revolutionäre Kampf der Klassen; die Reformen sind ein Nebenprodukt dieses Kampfes, ein Nebenprodukt, weil sie Ausdruck erfolgloser Versuche sind, diesen Kampf abzuschwächen, ihm die Schärfe zu nehmen usw. Nach der Lehre der bürgerlichen Philosophen ist die Triebkraft des Fortschritts die Solidarität aller Elemente der Gesellschaft, die sich der "Unvollkommenheit" dieser oder jener Einrichtung bewußt geworden sind. Die erste Lehre ist materialistisch, die zweite idealistisch. Die erste ist revolutionär. Die zweite ist reformistisch. Die erste bildet die Grundlage für die Taktik des Proletariats in den modernen kapitalistischen Ländern. die zweite - für die Taktik der Bourgeoisie.

Aus: Noch einmal über ein Dumakabinett (Veröffentlicht in "Echo", Nr. 6, 28. Juni 1906)


"REVISION" DER MARXISTISCHEN POLITISCHEN ÖKONOMIE, HOFFNUNG AUF EINE NEUE FRIEDENSÄRA DES KAPITALISMUS

Geht man zur politischen Ökonomie über, so ist vor allem zu bemerken, daß auf diesem Gebiet die 'Korrekturen' der Revisionisten noch weitaus vielseitiger und umfassender waren; man war bestrebt 'durch neues Material über die Wirtschaftsentwicklung' auf das Publikum Eindruck zu machen. Man erklärte, in der Landwirtschaft vollziehe sich überhaupt keine Konzentration und keine Verdrängung des Kleinbetriebes durch den Großbetrieb, und auf dem Gebiet des Handels und der Industrie vollziehe sie sich nur äußerst langsam. Man erklärte, die Krisen seien jetzt seltener und schwächer geworden, die Truste und Kartelle würden wahrscheinlich dem Kapital die Möglichkeit geben, die Krisen gänzlich zu beseitigen. Man erklärte 'die Theorie des Zusammenbruchs', dem der Kapitalismus entgegengehe, sei unhaltbar, denn es trete eine Tendenz zur Abstumpfung und Milderung der Klassengegensätze zutage. Man erklärte schließlich, auch eine Korrektur der Marxschen Werttheorie nach Böhm-Bawerk könnte nicht schaden.

Der Kampf gegen die Revisionisten in diesen Fragen führte ebenso zu einer fruchtbaren Belebung des theoretischen Denkens des internationalen Sozialismus wie zwanzig Jahre vorher die Polemik von Engels gegen Dühring. Die Beweisgründe der Revisionisten wurden anhand von Zahlen und Tatsachen geprüft. Es wurde nachgewiesen, daß die Revisionisten in Bezug auf den heutigen Kleinbetrieb systematisch Schönfärberei treiben. Die Tatsache der technischen und kommerziellen Überlegenheit des Großbetriebs über den Kleinbetrieb nicht nur in der Industrie, sondern auch in der Landwirtschaft wird durch unwiderlegliche Tatsachen bewiesen. Doch ist in der Landwirtschaft die Warenproduktion ungleich schwächer entwickelt, und die heutigen Statistiker und Ökonomen verstehen es gewöhnlich schlecht, jene besonderen Zweige (manchmal sogar Operationen) der Landwirtschaft herauszugreifen, in denen die fortschreitende Einbeziehung der Landwirtschaft in den Austauschverkehr der Weltwirtschaft zum Ausdruck kommt. Der Kleinproduzent behauptet sich auf den Ruinen der Naturalwirtschaft durch unendliche Verschlechterung der Ernährung, durch chronisches Hungern, durch Verlängerung des Arbeitstages, durch Verschlechterung der Qualität und der Wartung des Viehs, kurz, durch dieselben Mittel, mit deren Hilfe sich auch das Handwerk gegen die kapitalistische Manufaktur behauptete. Jeder Schritt vorwärts, den Wissenschaft und Technik machen, untergräbt unvermeidlich und unerbittlich die Grundlagen des Kleinbetriebs in der kapitalistischen Gesellschaft, und Aufgabe der sozialistischen Ökonomie ist es, diesen Prozeß in allen seinen oft komplizierten und verworrenen Formen zu untersuchen und dem Kleinproduzenten die Unmöglichkeit nachzuweisen, sich unter dem Kapitalismus zu behaupten, die Ausweglosigkeit der Bauernwirtschaft unter dem Kapitalismus, die Notwendigkeit des Übergangs des Bauern auf den Standpunkt des Proletariers. In wissenschaftlicher Beziehung sündigten die Revisionisten in dieser Frage durch oberflächliche Verallgemeinerung einseitig herausgegriffener Tatsachen, die sie aus ihrem Zusammenhang mit der ganzen kapitalistischen Ordnung herausrissen; in politischer Beziehung jedoch sündigten sie dadurch, daß sie unvermeidlich, bewußt oder unbewußt, den Bauern zum Eigentümerstandpunkt (d. h. zum Standpunkt der Bourgeoisie) riefen oder drängten, statt ihn zum Standpunkt des revolutionären Proletariers zu drängen.

Mit der Krisen- und Zusammenbruchstheorie war es beim Revisionismus noch schlechter bestellt. Nur ganz kurzsichtige Leute konnten - und nur ganz kurze Zeit - unter dem Einfluß einiger Jahre des industriellen Aufschwungs und der Prosperität an eine Änderung der Grundlagen der Marxschen Lehre denken. Daß die Krisen sich noch lange nicht überlebt haben, das zeigte den Revisionisten sehr rasch die Wirklichkeit: Nach der Prosperität trat die Krise ein. Die Formen, die Aufeinanderfolge, das Bild der einzelnen Krisen änderten sich, doch die Krisen blieben ein unvermeidlicher Bestandteil der kapitalistischen Ordnung. Die Kartelle und Truste, die die Produktion zusammenfaßten, steigerten zugleich vor aller Augen die Anarchie der Produktion, die Unsicherheit der Existenz des Proletariats und den Druck des Kapitals und verschärften so in noch nie dagewesenen Maße die Klassengegensätze. Daß der Kapitalismus dem Zusammenbruch entgegengeht - sowohl im Sinne einzelner politischer und ökonomischer Krisen als auch im Sinne des völligen Zusammenbruchs der ganzen kapitalistischen Ordnung -, das bewiesen gerade die neusten Riesentruste mit besonderer Anschaulichkeit und in besonders großem Ausmaß.

Aus: "Marxismus und Revisionismus" (vor dem 3. April 1908)


Mit dieser Definition des Imperialismus geraten wir in vollem Widerspruch zu K. Kautsky, der es ablehnt, im Imperialismus eine 'Phase des Kapitalismus' zu sehen, und der den Imperialismus als die Politik definiert, die vom Finanzkapital 'bevorzugt' wird, als das Streben der 'industriellen' Länder, 'agrarische' Länder zu annektieren.1 Diese Definition Kautskys ist theoretisch durch und durch falsch. Die Besonderheit des Imperialismus ist die Herrschaft eben nicht des Industrie-, sondern des Finanzkapitals, daß Streben, eben nicht nur Agrarländer, sondern beliebige Länder zu annektieren. Kautsky trennt die Politik des Imperialismus von seiner Ökonomik, trennt den Monopolismus in der Politik von dem Monopolismus in der Ökonomik, um seinem platten bürgerlichen Reformismus wie 'Abrüstung', 'Ultraimperialismus' und ähnlichen Unsinn den Weg zu ebnen. Sinn und Zweck dieser theoretischen Fälschung läuft einzig und allein darauf hinaus, die tiefsten Widersprüche des Imperialismus zu vertuschen und auf diese Weise die Theorie der 'Einheit' mit den Apologeten des Imperialismus, den offenen Sozialchauvinisten und Opportunisten, zu rechtfertigen.

Aus: "Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus" (veröffentlicht im Dezember 1916 im 'Sbornik Sozial-Demokrata' Nr. 2)


Aus der Notwendigkeit des Imperialismus folgern die Linken die Notwendigkeit revolutionärer Aktionen. Die Theorie des 'Ultraimperialismus' dient Kautsky dazu, die Opportunisten zu rechtfertigen, die Dinge in einem Lichte erscheinen zu lassen, als ob sie keineswegs auf die Seite der Bourgeoisie übergegangen seien, sondern einfach an den sofortigen Sozialismus 'nicht glauben' und erwarten, daß uns 'vielleicht' eine neue 'Ära' der Abrüstung und des dauernden Friedens bevorstehe. Diese 'Theorie' läuft darauf hinaus und nur darauf hinaus, daß Kautsky mit der Hoffnung auf eine neue Friedensära des Kapitalismus den Anschluß der Opportunisten und der offiziellen sozialdemokratischen Parteien an die Bourgeoisie und ihrer Absage an die revolutionäre (das heißt proletarische) Taktik während der gegenwärtigen stürmischen Ära rechtfertigt, trotz aller feierlichen Erklärungen der Baseler Resolution!

Aus: "Der Zusammenbruch der II. Internationale"(veröffentlicht 1915, in der Zeitschrift "Kommunist" Nr.1-2)


SIE VERLEUGNEN DEN KLASSENKAMPFE UND PREDIGEN VON DER ZUSAMMENARBEIT DER KLASSEN.

Auf dem Gebiet der Politik hat der Revisionismus versucht, die Grundlage des Marxismus, d.h. die Lehre vom Klassenkampf, tatsächlich zu revidieren. Politische Freiheit, Demokratie, allgemeines Wahlrecht entzögen dem Klassenkampf den Boden, sagte man uns und dadurch werde der alte Satz des 'kommunistischen Manifestes', 'die Arbeiter haben ja kein Vaterland', unrichtig. In der Demokratie dürfe man, da ja der 'Wille der Mehrheit' herrsche, weder den Staat als Organ der Klassenherrschaft betrachten noch Bündnisse mit der fortschrittlichen, sozialreformerischen Bourgeoisie gegen die Reaktionäre ablehnen.

Unbestreitbar liefen diese Einwände der Revisionisten auf ein ziemlich geschlossenes System von Anschauungen hinaus - nämlich auf die längst bekannten liberal-bürgerlichen Anschauungen. Die Liberalen sagten immer, Klassen- und Klassenteilungen würden durch den bürgerlichen Parlamentarismus aufgehoben, da unterschiedslos alle Bürger das Stimmrecht, das Recht der Beteiligung an den Staatsgeschäften besäßen. Die ganze Geschichte Europas in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die ganze Geschichte der russischen Revolution zu Anfang des 20. Jahrhunderts zeigt mit aller Deutlichkeit, wie widersinnig solche Ansichten sind. Unter der Freiheit des 'demokratischen' Kapitalismus werden die ökonomischen Unterschiede nicht abgeschwächt, sondern gesteigert und verschärft. Der Parlamentarismus beseitigt nicht, sondern enthüllt das Wesen der allerdemokratischsten bürgerlichen Republiken als Organe der Klassenunterdrückung. Dadurch, daß der Parlamentarismus die Aufklärung und Organisierung unvergleichlich breiterer Bevölkerungsmassen fördert als früher an den politischen Ereignissen aktiv beteiligt waren, bereitet er nicht die Beseitigung der Krisen und der politischen Revolutionen vor, sondern die höchste Verschärfung des Bürgerkrieges während dieser Revolutionen. Die Pariser Ereignisse im Frühjahr 1871 und die russischen im Winter 1905 zeigten mit vollster Klarheit, wie unausbleiblich diese Verschärfung eintritt. Um die proletarische Bewegung niederzuwerfen, traf die französische Bourgeoisie, ohne auch nur einen Augenblick zu schwanken, eine Abmachung mit dem Feind der gesamten Nation, mit den fremdländischen Truppen, die ihr Vaterland verheert hatten. Wer die zwangsläufige innere Dialektik des Parlamentarismus und des bürgerlichen Demokratismus nicht begreift, die eine noch heftigere Austragung des Streites durch Massengewalt mit sich bringt als in früheren Zeiten - der wird niemals imstande sein, auf dem Boden des Parlamentarismus eine prinzipienfeste Propaganda und Agitation zu treiben, die die Arbeitermassen tatsächlich zur siegreichen Beteiligung an solchem 'Streit' vorbereitet. Die Erfahrungen der Bündnisse, Abkommen und Blocks mit dem sozialreformerischen Liberalismus im Westen und mit dem liberalen Reformismus (Kadetten) in der russischen Revolution haben überzeugend gezeigt, daß diese Abkommen das Bewußtsein der Massen nur abstumpfen und die wirkliche Bedeutung ihres Kampfes nicht verstärken, sondern abschwächen, weil sie die Kämpfenden an die kampfunfähigsten, wankelmütigsten und verräterischsten Elemente binden. Der französische Millerandismus - der großzügigste Versuch der Anwendung der revisionistischen politischen Taktik in breitem, wirklich nationalen Maßstab - hat eine praktische Bewertung des Revisionismus ergeben, die das Proletariat der ganzen Welt niemals vergessen wird.

Aus: "Marxismus und Revisionismus" (vor dem 3. April 1908)


Der Staat ist das Produkt und die Äußerung der Unversöhnlichkeit der Klassengegensätze. Der Staat entsteht dort, dann und insofern, wo, wann und inwiefern die Klassengegensätze objektiv nicht versöhnt werden können. Und umgekehrt: Das Bestehen des Staates beweist, daß die Klassengegensätze unversöhnlich sind.

Gerade in diesem wichtigsten und grundlegenden Punkt beginnt die Entstellung des Marxismus, die in zwei Hauptlinien verläuft.

Auf der einen Seite pflegen bürgerliche und besonders kleinbürgerliche Ideologen - die sich unter dem Druck unbestreitbarer geschichtlicher Tatsachen gezwungen sehen, anzuerkennen, daß der Staat nur dort vorhanden ist, wo es Klassengegensätze und Klassenkampf gibt - Marx in der Weise zu 'verbessern', daß der Staat sich als Organ der Klassenversöhnung erweist. Nach Marx hätte der Staat weder entstehen noch bestehen können, wenn eine Versöhnung der Klassen möglich wäre. Bei den kleinbürgerlichen und philisterhaften Professoren und Publizisten kommt es - oft unter wohlwollenden Hinweisen auf Marx! - so heraus, daß der Staat gerade die Klassen versöhne. Nach Marx ist der Staat ein Organ der Klassenherrschaft, ein Organ zur Unterdrückung der einen Klasse durch die andere, ist die Errichtung derjenigen 'Ordnung', die diese Unterdrückung sanktioniert und festigt, indem sie den Konflikt der Klassen dämpft. Nach Ansicht der kleinbürgerlichen Politiker ist die Ordnung gerade die Versöhnung der Klassen und nicht die Unterdrückung der einen Klasse durch die andere; den Konflikt dämpfen bedeute versöhnen und nicht, es den unterdrückten Klassen unmöglich machen, bestimmte Mittel und Methoden des Klassenkampfes zum Sturz der Unterdrücker zu gebrauchen.

Alle Sozialrevolutionäre und Menschewiki zum Beispiel sind während der Revolution 1917, als sich die Frage nach der Bedeutung und der Rolle des Staates gerade in ihrer ganzen Größe erhob, sich praktisch erhob als Frage der sofortigen Aktion, und zudem der Massenaktion - alle sind sie mit einem Schlag gänzlich zur kleinbürgerlichen Theorie der 'Versöhnung' der Klassen durch den 'Staat' hinabgesunken. Die zahllosen Resolutionen und Artikel der Politiker dieser beiden Parteien sind völlig von dieser kleinbürgerlichen und philisterhaften Theorie der 'Versöhnung' durchdrungen. Daß der Staat das Organ der Herrschaft einer bestimmten Klasse ist, die mit ihrem Antipoden (der ihr entgegengesetzten Klasse) nicht versöhnt werden kann, das vermag die kleinbürgerliche Demokratie nie zu begreifen. Das Verhältnis zum Staat ist eines der anschaulichsten Zeugnisse dafür, daß unsere Sozialrevolutionäre und Menschewiki gar keine Sozialisten sind (was wir Bolschewiki schon immer nachweisen), sondern kleinbürgerliche Demokraten mit einer beinah-sozialistischen Phraseologie.

Auf der anderen Seite ist die 'kautskyanische' Entstellung des Marxismus viel feiner. 'Theoretisch' wird weder in Abrede gestellt, daß der Staat ein Organ der Klassenherrschaft ist, noch daß die Klassengegensätze unversöhnlich sind. Außer acht gelassen oder vertuscht wird aber folgendes: Wenn der Staat das Produkt der Unversöhnlichkeit der Klassengegensätze ist, wenn er eine über der Gesellschaft stehende, und 'sich ihr mehr und mehr entfremdende' Macht ist, so ist es klar, daß die Befreiung der unterdrückten Klasse unmöglich ist nicht nur ohne gewaltsame Revolution, sondern auch ohne Vernichtung des von der herrschenden Klasse geschaffenen Apparats der Staatsgewalt, in dem sich diese 'Entfremdung' verkörpert. Diese theoretisch von selbst einleuchtende Schlußfolgerung hat Marx, wie wir weiter unten sehen werden, auf Grund einer konkreten historischen Analyse der Aufgaben der Revolution mit größter Bestimmtheit gezogen. Und gerade diese Schlußfolgerung hat Kautsky, wir werden das ausführlich in unserer weiteren Darlegung nachweisen, - 'vergessen' und entstellt.

Aus: "Staat und Revolution" (August-Sept. 1917)


Jeder Klassenkampf ist ein politischer Kampf. Bekanntlich haben die in den Ideen des Liberalismus befangenen Opportunisten diese bedeutsamen Worte von Marx falsch verstanden und verzerrt interpretiert. Zu den Opportunisten gehörten beispielsweise die 'Ökonomisten', die älteren Brüder der Liquidatoren. Die 'Ökonomisten' meinten, daß jeder beliebige Zusammenstoß zwischen den Klassen schon ein politischer Kampf sei. Die 'Ökonomisten' erkannten daher als 'Klassenkampf' den Kampf für einen Aufschlag von 5 Kopeken je Rubel an, ohne den höheren, entwickelten, gesamtnationalen politischen Klassenkampf sehen zu wollen. Die 'Ökonomisten' erkannten also die Keimformen des Klassenkampfes an, verneinten ihn jedoch in seiner entfalteten Form. Die 'Ökonomisten' erkannten, anders ausgedrückt, im Klassenkampf nur das an, was vom Standpunkt der liberalen Bourgeoisie am ehesten erträglich war, während sie sich weigerten, weiter zu gehen als die Liberalen, sich weigerten, den höheren, den für den Liberalen unannehmbaren Klassenkampf anzuerkennen. Die 'Ökonomisten' wurden damit zu Vertretern einer liberalen Arbeiterpolitik. Die 'Ökonomisten' sagten sich damit von der marxistischen, der revolutionären Auffassung vom Klassenkampf los.

Weiter. Nicht genug damit, daß der Klassenkampf nur dann echt, konsequent, entfaltet ist, wenn er den Bereich der Politik erfaßt. Auch in der Politik kann man sich entweder auf unbedeutende Einzelfragen beschränken oder in die Tiefe gehen, bis auf den Grund. Der Marxismus erkennt den Klassenkampf erst dann als voll entfaltet, als 'gesamtnational' an, wenn er nicht nur die Politik, sondern in der Politik auch das Wesentlichste: die Frage der Staatsmacht, erfaßt.

Der Liberalismus dagegen wagt es schon nicht mehr, den Klassenkampf zu leugnen, wenn die Arbeiterbewegung etwas stärker geworden ist, sucht aber den Begriff des Klassenkampfes einzuengen, zu stutzen, zu kastrieren. Der Liberalismus ist bereit, den Klassenkampf auch auf dem Gebiet der Politik anzuerkennen, allerdings unter der einen Bedingung, daß die Frage der Staatsmacht nicht mit einbezogen wird. Man begreift unschwer, welche Klasseninteressen der Bourgeoisie diese liberale Entstellung des Begriffs vom Klassenkampf entspringt.

Aus: "Über die liberale und die marxistische Auffassung vom Klassenkampf", (veröffentlicht in: "Prosweschtschenije" Nr. 5, Mai 1913)


Das Wesentliche der Lehre von Karl Marx sei der Klassenkampf. Das wird sehr oft gesagt und geschrieben. Doch das ist unrichtig, und aus dieser Unrichtigkeit ergibt sich auf Schritt und Tritt eine opportunistische Entstellung des Marxismus, seine Verfälschung in einem Geiste, der ihn für die Bourgeoisie annehmbar macht. Denn die Lehre vom Klassenkampf ist nicht von Marx, sondern vor ihm von der Bourgeoisie geschaffen worden und ist, allgemein gesprochen, für die Bourgeoisie annehmbar. Wer nur den Klassenkampf anerkennt, ist noch kein Marxist, er kann noch in den Grenzen bürgerlichen Denkens und bürgerlicher Politik geblieben sein. Den Marxismus auf die Lehre vom Klassenkampf beschränken heißt den Marxismus stutzen, ihn entstellen, ihn auf das reduzieren, was für die Bourgeoisie annehmbar ist. Ein Marxist ist nur, wer die Anerkennung des Klassenkampfes auf die Anerkennung der Diktatur des Proletariats erstreckt. Hierin besteht der tiefste Unterschied des Marxisten vom durchschnittlichen Klein- (und auch Groß-) Bourgeois. Das muß der Prüfstein für das wirkliche Verstehen und Anerkennen des Marxismus sein. Und es ist nicht verwunderlich, daß, als die Geschichte Europas praktisch die Arbeiterklasse vor diese Frage stellte, nicht nur alle Opportunisten und auch Reformisten, sondern auch alle 'Kautskyaner' (Leute, die zwischen Reformismus und Marxismus pendeln) sich als erbärmliche Philister und kleinbürgerliche Demokraten erwiesen, die die Diktatur des Proletariats ablehnen. Kautskys Broschüre 'Die Diktatur des Proletariats', die im August 1918, d.h. lange nach der ersten Auflage des vorliegenden Buches, erschien, ist ein Musterstück kleinbürgerlicher Entstellung des Marxismus, der niederträchtigen Verleugnung des Marxismus in der Tat, bei heuchlerischer Anerkennung des Marxismus in Worten (siehe meine Broschüre 'Die proletarische Revolution und der Renegat Kautsky', Petrograd und Moskau 19181).

Der heutige Opportunismus, verkörpert in der Person seines Hauptvertreters, des früheren Marxisten K. Kautsky, fällt voll und ganz unter die angeführte Marxsche Charakteristik der bürgerlichen Haltung, denn dieser Opportunismus beschränkt das Gebiet der Anerkennung des Klassenkampfes auf das Gebiet bürgerlicher Verhältnisse. (Und innerhalb dieses Gebiets, im Rahmen dieses Gebiets, wird kein einziger gebildeter Liberaler ablehnen, den Klassenkampf 'prinzipiell' anzuerkennen!) Der Opportunismus macht in der Anerkennung des Klassenkampfes gerade vor der Hauptsache halt, vor der Periode des Übergangs vom Kapitalismus zum Kommunismus, vor der Periode des Sturzes der Bourgeoisie und ihrer völligen Vernichtung. In Wirklichkeit ist diese Periode unvermeidlich eine Periode unerhört erbitterten Klassenkampfes, und folglich muß auch der Staat dieser Periode unvermeidlich auf neue Art demokratisch (für die Proletarier und überhaupt für die Besitzlosen) und auf neue Art diktatorisch (gegen die Bourgeoisie) sein.

Aus: "Staat und Revolution" (August-Sept. 1917)


Der Verrat am Sozialismus, den die Mehrheit der Führer der II. Internationale (1889-1914) beging, bedeutet den ideologischen und politischen Zusammenbruch dieser Internationale. Die Hauptursache des Zusammenbruchs ist darin zu suchen, daß in ihr faktisch der kleinbürgerliche Opportunismus überwiegt, auf dessen bürgerlichen Charakter und auf dessen Gefährlichkeit die besten Vertreter des revolutionären Proletariats in allen Ländern schon seit langem hingewiesen haben. Die Opportunisten haben den Zusammenbruch der II. Internationale seit langem vorbereitet, indem sie die sozialistische Revolution verneinten und sie durch den bürgerlichen Reformismus ersetzten; indem sie den Klassenkampf und seinen zu bestimmten Zeitpunkten notwendigen Umschlag in den Bürgerkrieg leugneten und die Zusammenarbeit der Klassen predigten; indem sie unter der Flagge des Patriotismus und der Vaterlandsverteidigung den bürgerlichen Chauvinismus predigten und die bereits im 'Kommunistischen Manifest' dargelegte Grundwahrheit des Sozialismus, daß die Arbeiter kein Vaterland haben, ignorierten oder bestritten; indem sie sich im Kampf gegen den Militarismus auf einen spießbürgerlich-sentimentalen Standpunkt beschränkten, anstatt anzuerkennen, daß die Proletarier aller Länder einen revolutionären Krieg führen müssen; indem sie aus der notwendigen Ausnutzung des bürgerlichen Parlamentarismus und der bürgerlichen Legalität einen Fetischkult dieser Legalität machten und die unumgängliche Pflicht, in Krisenzeiten illegale Formen der Organisation und Agitation zu schaffen, der Vergessenheit preisgaben.

Aus: "Die Aufgaben der revolutionären Sozialdemokratie im europäischen Krieg. Resolution einer Gruppe von Sozialdemokraten" (September 1914)


Es wäre ganz und gar falsch anzunehmen, daß wir, um für die sozialistische Revolution zu kämpfen, den Kampf für Reformen fallenlassen müssen oder dürfen. Nicht im geringsten. Wir können nicht wissen, wie bald es gelingen wird, wie bald die objektiven Verhältnisse es zulassen werden, daß die Revolution ausbricht. Jede Besserung, jede wirkliche Besserung der Lage der Massen, sei es eine ökonomische oder eine politische, müssen wir unterstützen. Der Unterschied zwischen uns und den Reformisten (d.h. in der Schweiz den Grütlianern) wird nicht darin bestehen, daß wir gegen die Reformen, sie dafür sind. Mitnichten. Sie beschränken sich auf Reformen und degradieren sich dadurch, um einen trefflichen Ausdruck eines (seltenen!) revolutionären Mitarbeiters der 'Schwz. Metallarbeiter-Zeitung' (Nr. 40) zu gebrauchen, zu bloßen 'Krankenwärtern des Kapitalismus'. Wir sagen den Arbeitern: Stimmt für den Proporz und dgl., beschränkt aber nicht eure Tätigkeit darauf, sondern stellt auf den ersten Plan die systematische Verbreitung des Gedankens der sofortigen sozialistischen Revolution, bereitet euch dazu vor, organisiert dazu eine entsprechende gründliche Änderung der gesamten Parteitätgkeit auf der ganzen Linie. Man ist sehr oft gezwungen durch die Verhältnisse einer bürgerlichen Demokratie, zu einer Unmasse von kleinen und kleinsten Reformen Stellung zu nehmen, aber man muß es verstehen oder es erlernen, für die Reformen so (auf solche Weise) Stellung zu nehmen, daß wir - um die Sache ein bißchen mechanisch, aber drastisch auszudrücken - in jeder halbstündigen Rede 5 Minuten von den Reformen, 25 von der kommenden Revolution sprechen.

Aus: "Prinzipielles zur Militärfrage" (Dezember 1916)


SIE FALLEN VOR DER BÜRGERLICHEN DEMOKRATIE AUF DIE KNIE UND GEBEN SICH DER NICHTIGEN ILLUSION HIN, MIT HILFE DES ALLGEMEINEN WAHLRECHTS DIE MEHRHEIT ZU EROBERN UND IN DEN BESITZ DER STAATSMACHT ZU GELANGEN

Die Herren Opportunisten, einschließlich der Kautskyaner, "lehren" das Volk, der Marxschen Lehre zum Hohn, das Proletariat müsse zuerst mit Hilfe des allgemeinen Wahlrechts die Mehrheit erobern, dann auf Grund des Mehrheitsbeschlusses in den Besitz der Staatsmacht gelangen und erst dann, auf dieser Grundlage der 'konsequenten' (manche sagen: 'reinen') Demokratie, den Sozialismus errichten.

Wir aber sagen auf Grund der Lehre von Marx und der Erfahrungen der russischen Revolution:

Das Proletariat muß zuerst die Bourgeoisie stürzen und sich die Staatsmacht erobern. Dann muß es diese Staatsmacht, das heißt die Diktatur des Proletariats, als Werkzeug seiner Klasse gebrauchen, um die Sympathie der Mehrheit der Werktätigen zu gewinnen.

Aus: "Die Wahlen zur konstituierenden Versammlung und die Diktatur des Proletariats" (Dezember 1919)


Diese Dialektik haben die Verräter, Dummköpfe und Pedanten der II. Internationale nie begreifen können: das Proletariat kann nicht siegen, ohne die Mehrheit der Bevölkerung für sich zu erobern. Allein diese Eroberung unter der Herrschaft der Bourgeoisie auf die Erzielung einer Stimmenmehrheit bei Wahlen beschränken oder sie davon abhängig machen zu wollen zeugt von abgrundtiefer Beschränktheit oder läuft auf einen glatten Betrug an den Arbeitern hinaus. Um die Mehrheit der Bevölkerung für sich zu gewinnen, muß das Proletariat erstens die Bourgeoisie stürzen und die Staatsmacht erobern; es muß zweitens die Sowjetmacht einführen, nachdem es den alten Staatsapparat in Trümmer geschlagen hat, wodurch es sofort die Herrschaft, die Autorität, den Einfluß der Bourgeoisie und der kleinbürgerlichen Paktierer unter den nichtproletarischen werktätigen Massen untergräbt.

Aus: "Die Wahlen zur konstituierenden Versammlung und die Diktatur des Proletariats" (Dezember 1919)


Die meisten sozialistischen Führer in Europa, sowohl sozialchauvinistischer als auch Kautskyscher Richtung, stecken so tief in rein spießbürgerlichen Vorurteilen, die die Jahrzehnte eines verhältnismäßig 'friedlichen' Kapitalismus und bürgerlichen Parlamentarismus hervorgebracht haben, daß sie die Sowjetmacht und die Diktatur des Proletariats nicht verstehen können. Das Proletariat ist außerstande, seine weltgeschichtliche Befreiungsmission zu erfüllen, wenn es diese Führer nicht aus dem Wege räumt, wenn es sie nicht davonjagt. Diese Leute haben den bürgerlichen Lügen über die Sowjetmacht in Rußland ganz oder halb geglaubt und vermochten nicht, das Wesen der neuen, der proletarischen Demokratie, der Demokratie für die Werktätigen, der sozialistischen Demokratie, die in der Sowjetunion verkörpert ist, von der bürgerlichen Demokratie zu unterscheiden, die sie sklavisch anbeten und 'reine Demokratie' oder 'Demokratie' schlechthin nennen.

Diese blinden, durch bürgerliche Vorurteile vernagelten Leute haben die weltgeschichtliche Wendung von der bürgerlichen zur proletarischen Demokratie, von der bürgerlichen zur proletarischen Diktatur nicht verstanden. Sie verwechseln diese oder jene Besonderheit der russischen Sowjetmacht, ihrer geschichtlichen Entwicklung in Rußland mit der Sowjetmacht in ihrer internationalen Bedeutung.

Aus: "Gruß an die ungarischen Arbeiter", (veröffentlicht in: "Prawda" Nr. 115, 29. Mai 1919)


Die Schuld der sozialrevolutionären und menschewistischen Führer besteht vor allem darin, daß sie nicht an die Massen glauben, Angst vor ihrer Initiative, Angst vor ihrer Selbständigkeit haben, daß sie vor der revolutionären Energie der Massen zittern, statt sie allseitig und rückhaltlos zu unterstützen. Hier liegt eine der tiefsten Ursachen für die Unentschlossenheit der sozialrevolutionären und menschewistischen Führer, ihrer Schwankungen, ihrer endlosen und endlos unfruchtbaren Versuche, neuen Wein in die alten Schläuche des alten, bürokratischen Staatsapparats zu gießen.

Aus: "Eine der Kernfragen der Revolution", (veröffentlicht in: "Rabotschi Put" Nr.10, 27. [14.] September 1917)




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