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Bericht von Amnesty International - Juli 2002
Einleitung
Das Erbe weitverbreiteter Menschenrechtsverletzungen
Rechtliche Unzulänglichkeiten
Verstöße gegen gesetzliche Regelungen
Verwendung von unter Gewaltanwendung erzwungener Geständnisse als Beweismittel
Die Streitkräfte und Befolgung von Gesetzen
Jüngste Reformen
Zwei Jahrzehnte der Straflosigkeit
Chancen zur Bekämpfung von Straflosigkeit
Folter und Misshandlung seit Februar 1998
Militärgerichte
Mangelnde Umsetzung der nationalen Gesetzgebung
Fehlende unabhängige Untersuchungen
Belästigung und Einschüchterung der Opfer
Suspendierung vom Dienst
Die Ärzteschaft
Folter und Misshandlung durch Polizei und Streitkräfte
Unregelmäßigkeiten bei Gericht
Sonderkommissionen
Folter und Misshandlung in Gefängnissen
Grausame, unmenschliche und erniedrigende Bedingungen
Unruhen in Gefängnissen
Folter und Misshandlung von Militärpersonal in Militärstützpunkten
Wenn das Opfer ein Kind ist
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Empfehlungen an die Polizei und andere Beamte mit Polizeibefugnissen
Empfehlungen an die Justiz
Empfehlungen an die Ärzteschaft
Empfehlungen für Personal von Justizvollzugsanstalten und Polizeistationen
Einleitung
Trotz bedeutender politischer Veränderungen in Peru und eines wieder
belebten Engagements der Politiker für die Menschenrechte stellen Folter
und Misshandlung nach wie vor ein ernsthaftes Problem dar. Das Erbe von mehr
als 20 Jahren Gewalt und Straflosigkeit kann nicht ohne einen ernsthaften
und umfassenden Aktionsplan durch die Behörden bekämpft werden.
Bei den gegenwärtigen Opfern von Folter und Misshandlung handelt es
sich um politische Gefangene, insbesondere um solche, die wegen 'terroristischer'
Straftaten inhaftiert sind, Verdächtige gewöhnlicher Straftaten
sowie zum Militär einberufene Personen. Es handelt sich sowohl um Kinder
als auch um Erwachsene, um Frauen und um Männer. Während des zwanzig
Jahre andauernden internen bewaffneten Konflikts in Peru verübten sowohl
die Regierung als auch die bewaffnete Opposition gravierende und weitreichende
Menschenrechtsverletzungen; Folter und Misshandlung inbegriffen. Da die Intensität
des internen bewaffneten Konflikts in Peru nachgelassen hat, haben sich neuerdings
Folter und Misshandlung von 'gewöhnlichen' Kriminellen zu einem vordringlichen
Problem entwickelt.
Bei den in diesem Bericht dargestellten Personengruppen, die Folter und Misshandlung
ausüben, handelt es sich hauptsächlich um Polizisten, jedoch auch
um Gefängnis- und Militärpersonal. Die meisten Opfer berichten,
im Polizeigewahrsam während der vorgerichtlichen Untersuchungen gefoltert
oder misshandelt worden zu sein, um so ein Geständnis von ihnen zu erzwingen.
Polizei und Staatsanwaltschaft stützen sich bei der Urteilsfindung weitgehend
- und oftmals ausschließlich - auf Geständnisse. Geständnisse,
die durch Folter und Misshandlung erzwungen wurden, werden als Beweismittel
vor Gericht zugelassen, selbst wenn sie später zurückgezogen werden
oder nachgewiesen wird, dass diese unter Zwang abgelegt worden sind. Folter
wird ebenfalls angewandt, um Untersuchungshäftlinge und Gefangene zu
bestrafen.
Die im Bericht dokumentierten Foltermethoden beinhalten Folter durch Elektroschocks,
Erstickung, Ertränken, Schläge, sexuelle Misshandlung und Vergewaltigung,
Nahrungsentzug und psychische Folter.
Folter und Misshandlung werden durch die Tatsache begünstigt, dass Anzeigen
wegen Folter oftmals nicht ernsthaft nachgegangen werden. Täter gehen
vielfach ungestraft aus, werden geringerer Straftaten beschuldigt oder vor
Militärgerichte gestellt, denen es an Unabhängigkeit und Unparteilichkeit
mangelt. Seit vor drei Jahren ein Gesetz verabschiedet wurde, welches Folter
zu einer kriminellen Handlung erklärt, kam es lediglich in zwei Fällen
zur Verurteilung der Schuldigen.
Viele Folteropfer ziehen Ihre Anzeigen zurück, weil sie eingeschüchtert,
belästigt und bedroht werden. Diese Einschüchterungen werden durch
Straffreiheit begünstigt. Folglich stellt die Anzahl der Berichte, die
amnesty international über Folter und Misshandlung vorliegen, lediglich
einen Bruchteil der tatsächlichen Fälle dar.
Seit Oktober 2000, als amnesty international seine weltweite Kampagne zur
Bekämpfung von Folter ins Leben rief, haben in Peru zahlreiche politische
Veränderungen stattgefunden. Diese Änderungen haben den Weg für
eine grundsätzliche Verbesserung der Menschenrechtssituation in Peru
geebnet. Dennoch wird Folter und Misshandlung nach wie vor von Mitgliedern
der Sicherheitskräfte und vom Gefängnispersonal praktiziert - trotz
des Engagements sowohl Valentín Paniaguas, des ehemaligen Interimspräsidenten,
als auch des jetzigen Präsidenten Alejandro Toledo, die Menschenrechte
zu respektieren, und trotz der Maßnahmen zur Förderung und zum
Schutz der Menschenrechte, die von der Regierung bereits nach der Amtsenthebung
des ehemaligen Präsidenten Alberto Fujimori im November 2000 eingeführt
wurden.
Folter wurde in Peru erst 1998 zur Straftat erklärt. 1999 veröffentlichte
amnesty international den Bericht, 'Peru: Das Erlassen von Gesetzen ist nicht
ausreichend - Folter muß de facto abgeschafft werden', in welchem die
Besorgnis zum Ausdruck gebracht wurde, dass Folter in Peru weitverbreitet
fort besteht. Ein Jahr später, im November 2000, veröffentlichte
die Organisation einen weiteren Bericht, 'Peru: Folter geht unvermindert
weiter', in welchem über 20 Fälle von Folter und Misshandlung von
Untersuchungshäftlingen durch Mitglieder der Sicherheitskräfte
und durch Wachpersonal dokumentiert wurden.
Nun veröffentlicht amnesty international einen dritten Bericht zum Thema
Folter in Peru. Mehr als 30 separate Fälle sind in diesem Bericht dokumentiert.
Einige ereigneten sich, bevor der ehemalige Präsident Alberto Fujimori
im November 2000 seines Amtes enthoben wurde, jedoch sind die Fälle
bis zum heutigen Datum nicht abgeschlossen. Darüber hinaus handelt es
sich um Fälle, die amnesty international seit November 2000 erhalten
hat.
amnesty international ist daher der Überzeugung, dass die peruanischen
Behörden vorrangig entscheidende und weitreichende Maßnahmen zur
Abschaffung von Folter und Misshandlung ergreifen müssen.
Das Erbe weitverbreiteter Menschenrechtsverletzungen
Zwei Jahrzehnte lang war Peru durch den bewaffneten Konflikt zwischen Staat
und den zwei bewaffneten Oppositionsgruppen Sendero Luminoso (Leuchtender
Pfad) und Movimiento Revolucionario Túpac Amaru (MRTA, Revolutionäre
Bewegung Túpac Amaru) stark geschwächt. Während dieser Zeit
der Gewalt verletzten Staatsdiener und bewaffnete Oppositionsgruppen grundlegende
Rechte eines großen Teils der Bevölkerung.
Seit Beginn der bewaffneten Auseinandersetzung im Jahr 1980 hat amnesty international
wiederholt seine tiefe Besorgnis sowohl über die Verbrechen der bewaffneten
Oppositionsgruppen als auch über die Menschenrechtsverletzungen durch
die peruanischen Behörden zum Ausdruck gebracht. amnesty international
vertritt den Standpunkt, dass der Staat die Pflicht hat, alle notwendigen
Maßnahmen zum Schutz des Lebens und des Wohlergehens der im Land lebenden
Personen zu ergreifen. Dies darf jedoch in keinem Fall die Verletzung grundlegender
Menschenrechte von Seiten des Staates rechtfertigen.
Aufgrund des Klimas der Gewalt und Angst war ein bedeutender Teil der peruanischen
Gesellschaft überzeugt, dass die durch die Sicherheitskräfte verübten
Menschenrechtsverletzungen als Preis für die Erhaltung des Friedens
und der Sicherheit zu zahlen waren. Die Mehrheit der Menschenrechtsverletzungen
wurde an den ärmsten und am wenigsten geschützten Gesellschaftsmitgliedern
verübt, wie zum Beispiel der indigenen Bevölkerung oder der in
abgelegenen und in Randgebieten des Landes lebenden Bauerngemeinden; die
meisten dieser Menschen besitzen nur wenig oder keine Schulbildung.
amnesty international hat Tausende Fälle von Misshandlung und Folter
an Personen dokumentiert, die in Verbindung mit dem bewaffneten Konflikt
'terroristischer' Straftaten beschuldigt wurden. Laut peruanischen Menschenrechtsorganisationen
haben mehr als 70% derjenigen, die solcher Straftaten beschuldigt worden
sind, angegeben, Opfer von Folter, Vergewaltigung inbegriffen, oder Misshandlung
geworden zu sein. Zahlen aus dem Büro des peruanischen Ombudsmanns belegen,
dass mehr als 500 Personen, die fälschlicherweise 'terroristischer'
Straftaten beschuldigt wurden, während der Regierungszeit des Präsidenten
Alberto Fujimori (1990 bis 2000) begnadigt worden sind. 38% dieser Personen
sagten vor einem Richter aus, dass sie gefoltert und misshandelt wurden,
um die Unterzeichnung von Geständnissen zu erwirken.
Obwohl die meisten der seit 1980 dokumentierten Fälle von Folter Personen
umfassten, die 'terroristischer' Straftaten verdächtig waren, ist amnesty
international überzeugt, dass auch 'gewöhnliche', nicht politische
Häftlinge häufig gefoltert und misshandelt wurden. In dem Zeitraum
von 1988 bis 1998 erfassten peruanische Menschenrechtsorganisationen mehr
als 4. 500 Fälle von Folter und Misshandlung, wobei es sich bei mindestens
570 Fällen um 'gewöhnliche' Kriminelle handelte.
Rechtliche Unzulänglichkeiten
Die häufige Anwendung von Folter und Misshandlung an terroristischer
Straftaten beschuldigten Häftlingen seit 1992 resultiert zum Teil aus
den fehlenden Sicherheitsvorkehrungen für Haftinsassen in der 1992 eingeführten
Anti-'Terrorismus'-Gesetzgebung und dem 1998 eingeführten Gesetz zum
"schweren Terrorismus" ("terrorismo agravado"). Diese Gesetze untergraben
nicht nur die Folter und Misshandlung vorbeugenden Bestimmungen, sondern
verletzen auch das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren.
Beide Gesetze gestehen den Polizeikräften während der vorgerichtlichen
Untersuchungen ausgedehnte Befugnisse zu. Die Polizei kann einen Verdächtigen
ohne Haftbefehl festnehmen. Je nach Komplexität des Falles kann der
Verdächtige bis zu 10 Tage in Isolationshaft gehalten werden. Dies kann
laut der 1992 eingeführten Anti-"Terrorismus"-Gesetzgebung ohne richterliche
Zustimmung geschehen. Darüber hinaus können Gefangene bis zu 15
Tage ohne Anklage in Haft behalten werden. Wenn es sich um Fälle "terroristischer"
Verbrechen oder Fälle von "schweren Terrorismus" handelt, sogar noch
um weitere 15 Tage.
amnesty international ist der Auffassung, dass 15 Tage Polizei-Gewahrsam
mit der Möglichkeit, 10 Tage davon in Isolationshaft gehalten zu werden,
'legale' Rahmenbedingungen zur Erleichterung der Anwendung von Folter und
Misshandlung darstellen. Das Internationale Abkommen über Zivile und
Politische Rechte (ICCPR) stellt in Artikel 9. 3 fest, dass "jede eines Verbrechens
beschuldigte Person umgehend einem Richter oder einem durch den Staat zur
Durchführung rechtlicher Befugnisse autorisierten Beamten vorzuführen
ist. " Das Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen erklärte 1982,
das "umgehend" in diesem Kontext als eine Zeitspanne verstanden werden muss,
die "wenige Tage" nicht überschreitet. Ergänzend hierzu erachtete
die Inter-Amerikanische Kommission für Menschenrechte in einem 1983
veröffentlichten Bericht zur Menschenrechtssituation in Kuba eine Zeitspanne
von einer Woche als "eine übermäßig ausgedehnte Zeitspanne".
1995 stellte der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Folter
in den Schlussfolgerungen und Empfehlungen seines Berichtes zu Peru fest:
"Folter wird sehr häufig während der Isolationshaft angewandt.
Isolationshaft sollte als rechtswidrig erklärt und Personen, die sich
in Isolationshaft befinden, sollten umgehend aus dieser entlassen werden.
Rechtliche Vorkehrungen sollten sicherstellen, dass den Häftlingen innerhalb
von 24 Stunden der Zugang zu einem Rechtsanwalt gewährt wird. Sicherheitspersonal,
das sich nicht an diese Regelungen hält, sollte entsprechend bestraft
werden. In Ausnahmesituationen, in welchen die Befürchtung besteht,
dass ein unmittelbarer Kontakt zu einem Rechtsanwalt ernsthafte Sicherheitsprobleme
mit sich zieht und in welchen die Verweigerung eines solchen Kontakts richterlich
genehmigt ist, sollte es zumindest möglich sein, einen Termin mit einem
unabhängigen Anwalt, beispielsweise aus der Vorschlagsliste einer Anwaltsvereinigung,
zu gewähren. In jedem Fall sollte ein Verwandter des Häftlings
innerhalb von 18 Stunden über die Verhaftung und den Ort des Gewahrsams
informiert werden.
Ein weiterer Grund zur Besorgnis ist für amnesty international die Tatsache,
dass laut der Anti-"Terrorismus"-Gesetzgebung von 1992 die mit der vorgerichtlichen
Untersuchung betrauten Polizeibeamten von der Verteidigung nicht über
die Art und Weise ihrer Vernehmungen ins Kreuzverhör genommen werden
können. Diese Tatsache verwehrt das Recht auf eine angemessene Verteidigung
und die Gelegenheit, unter Folter erzwungene Geständnisse vom Gerichtsverfahren
auszuschließen und gewährt gleichermaßen den Beamten Straffreiheit,
die Folter und Misshandlung während des Verhörs anwenden.
Verstöße gegen gesetzliche Regelungen
Die Strafgesetzgebung legt deutlich fest, dass sowohl ein Vertreter des "Ministerio
Público" als auch ein Verteidiger während aller Polizeiverfahren
anwesend sein muss. In der Anti-"Terrorismus"-Gesetzgebung wird darauf hingewiesen,
dass während der vorgerichtlichen Untersuchungen sowohl ein Vertreter
des "Ministerio Público" als auch ein Verteidiger anwesend sein müssen.
Jedoch sagten Berichten zufolge 87% der wegen "terroristischer" Straftaten
beschuldigten Häftlinge aus, dass während ihrer Befragungen kein
Vetreter des "Ministerio Público" anwesend war.
Oftmals besteht die einzige Verhörtechnik der peruanischen Polizei in
der Erzwingung eines Geständnisses. Befindet sich die beschuldigte Person
in Isolationshaft und ist darüber hinaus kein Vertreter des "Ministerio
Público" anwesend, erliegen die Beamten häufig der Versuchung,
Gewalt anzuwenden.
Verwendung von unter Gewaltanwendung erzwungener Geständnisse als
Beweismittel
Geständnisse, die durch Folter oder Misshandlung erzwungen wurden, werden
häufig als Beweismittel vor Gericht verwendet, selbst, wenn die beschuldigte
Person ihr Geständnis später mit der Begründung widerruft,
dass das Geständnis aufgrund von Gewaltanwendung unterschrieben wurde.
Vom Gericht als Beweismittel verwendete Geständnisse werden selbst dann
nicht vom Richter oder von den Geschworenen außer Betracht gezogen,
wenn bewiesen ist, dass diese durch Folter oder Misshandlung zustande gekommen
sind. Nach wie vor hält die Polizei an der Anwendung von Gewalt fest,
um Beweise zu erzielen, welche eine Strafverfolgung stützen. In mehr
als 180 der 500 Fälle, in welchen Personen ungerechtfertigt wegen "terroristischer"
Vergehen verurteilt und in den 90er Jahren begnadigt wurden, sagten die Beschuldigten
vor Gericht aus, gefoltert oder misshandelt worden zu sein. In keinem dieser
Fälle wurden gerichtliche Schritte zur Untersuchung dieser Beschuldigungen
eingeleitet und in jedem dieser Fälle wurde das umstrittene Beweismittel
vor Gericht zugelassen.
Die Verwendung von unter Folter herbeigeführten Geständnissen ist
nach Artikel 15 der Konvention gegen Folter und nach Artikel 19 der Inter-Amerikanischen
Konvention zur Verhinderung und Bestrafung von Folter unzulässig. Die
genannten Konventionen wurden von Peru 1988 und 1991 ratifiziert. Die Inter-Amerikanische
Menschenrechtskommission der Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS)
forderte in ihrem Jahresbericht 1996 "die peruanischen Justizbehörden
auf, dass jegliche unter Folter herbeigeführten Geständnisse abgelehnt
werden".
In 35% der Fälle, in welchen Personen ungerechtfertigt wegen "terroristischen"
Straftaten verurteilt und später begnadigt wurden, fehlte auf dem Bericht
der polizeilichen Voruntersuchungen die Unterschrift des Büros der Staatsanwaltschaft
oder die des Verteidigers. In 67% dieser Fälle war der Polizeibericht
über die Voruntersuchungen das einzige Beweismittel gegen die beschuldigte
Person. Diese Zahlen zeigen, welchen entscheidenden Einfluss Polizeiberichte
bei der Herbeiführung von Urteilen in Fällen "terroristischer"
Straftaten haben können .
Diese Berufung auf den Polizeibericht, insbesondere in Fällen "terroristischer"
Vergehen, hat die Bedeutung der gerichtlichen Voruntersuchungen untergraben.
Öffentliche Anklagevertreter und Justizbeamte übertragen die komplette
Verantwortung der Untersuchung auf die Polizei und erhöhen damit den
Druck auf diese, Ergebnisse zu erzielen.
Die Streitkräfte und Befolgung von Gesetzen
In Verbindung mit dem internen bewaffneten Konflikt übernahmen die Streitkräfte
insbesondere in ländlichen und isolierten Gebieten Aufgaben, die gewöhnlich
der Polizei vorbehalten sind.
Die Anti-"Terrorismus"-Gesetzgebung von 1992 verfügt in Artikel 12,
dass die Streitkräfte ausschließlich in Gebieten ohne Polizeipräsenz
Verdächtige festnehmen dürfen und dass diese verhafteten Personen
umgehend der nächstgelegenen Polizeiwache zum Verhör übergeben
werden müssen. In der Praxis wurden die Verdächtigen Berichten
zufolge jedoch oftmals vor Auslieferung an die Polizei von den Streitkräften
befragt. Diese Vorgehensweise hält Berichten zufolge noch immer an,
insbesondere im Osten des Landes, einer Region, in der der "Leuchtende Pfad"
noch immer aktiv ist und aus welcher Berichte über Drogenhandel existieren.
Jüngste Reformen
In den letzten Monaten hat die peruanische Regierung Maßnahmen ergriffen,
um die Anti-"Terrorismus"-Gesetzgebung von 1992 und das Gesetz zum "schweren
Terrorismus" von 1998 in Einklang mit internationalen Standards zu bringen.
So wurden zum Beispiel die Verfahren einiger - zuvor durch Militärgerichte
verurteilte - Zivilbürger auf Anordnung der Behörden vor Zivilgerichten
neu aufgerollt. Es gibt Anzeichen dafür, dass der neue peruanische Kongress
beabsichtigen könnte, die Anti-"Terrorismus"-Gesetzgebung neu zu überarbeiten.
Darüber hinaus verfügte das Verfassungsgericht am 29. November
2001, dass das 1998 erlassene Gesetz zum "Schweren Terrorismus" verfassungswidrig
sei, da laut der peruanischen Verfassung Zivilbürger nicht vor Militärgerichte
gestellt werden dürfen. Wenigstens 1. 500 Personen wurden aufgrund dieses
Gesetzes vor Gericht gestellt und verurteilt und erwarten gegenwärtig
eine Wiederaufnahme des Verfahrens vor Zivilgerichten. Die Gesetze wurden
bis heute jedoch nicht widerrufen.
amnesty international begrüßt die Schritte, die bisher durch die
peruanischen Behörden unternommen worden sind, um die beiden Gesetze
in Einklang mit internationalen Standards zu bringen. Jedoch befürchtet
die Organisation nach wie vor, dass die Anti-"Terrorismus"-Gesetzgebung von
1992 weiterhin in Kraft bleibt. Trotz der Wiederaufnahme weniger militärgerichtlich
verhandelter Verfahren vor Zivilgerichten, können Polizeibeamte, die
die Verhöre durchführten, nach wie vor nicht vor Gericht dazu befragt
werden. Dadurch wird das Recht der Beschuldigten auf eine angemessene Verteidigung
weiterhin verletzt und es steht zu befürchten, dass durch Folter erhaltene
Geständnisse oder Beweise nicht vom Verfahren ausgeschlossen werden.
Zwei Jahrzehnte der Straflosigkeit
Während der letzten zwei Jahrzehnte litt die peruanische Bevölkerung
unter weitreichenden Menschenrechtsverletzungen und ihr wurde das Recht verweigert,
sich dagegen zu wehren. Die "Institutionalisierung der Straffreiheit in Peru
stellt (eines der) Hauptprobleme im Hinblick auf (mangelnden Respekt für)
das Recht auf Leben dar", stellte der UN Sonderberichterstatter für
extralegale, Massen- oder willkürliche Hinrichtungen nach seinem Besuch
1993 fest.
Mitte 1995 gingen die peruanischen Behörden noch einen Schritt weiter,
indem sie die Institutionalisierung der Straffreiheit gesetzlich verankerten.
Zwei Amnestie-Gesetze, welche allen Verantwortlichen von Menschenrechtsverletzungen
zwischen 1980 und 1995 Immunität garantierten, wurden Mitte 1995 verabschiedet.
Seitdem konnten Menschenrechtsverletzungen ungestraft verübt werden.
amnesty international ist der Meinung, dass der Mangel an wirkungsvollen
Untersuchungen und der fehlende Schutz vor Menschenrechtsverletzungen zu
einer Kultur der Missachtung der Menschenrechte innerhalb der Sicherheitskräfte
beigetragen hat.
amnesty international hat die peruanischen Regierungen immer wieder darauf
gedrängt, ihren Verpflichtungen als Staat gegenüber internationalen
Menschenrechtsverträgen, welche die Anwendung von Folter und Misshandlung
verbieten, nachzukommen. Diese Verpflichtungen erfordern von den Behörden
eine deutliche Anweisung der Sicherheitskräfte und des Gefängnispersonals,
Folter unter keinen Umständen zu tolerieren. Sie verpflichten die Behörden
außerdem dazu, alle Hinweise auf Folter zu untersuchen, die Personen,
die Folter anwenden, vor ein unabhängiges und unparteiisches Gericht
zu stellen und den Opfern eine angemessene Entschädigung anzubieten.
Chancen zur Bekämpfung von Straflosigkeit
Im März 2001 ist durch ein Urteil des Interamerikanischen Gerichtshofs
für Menschenrechte der Weg zur Beendigung der Straffreiheit geebnet
worden. Das Urteil bezog sich auf ein 1991 in Barrios Altos, Lima, verübtes
Massaker und verfügt, dass die peruanischen Amnestie-Gesetze keine "rechtliche
Gültigkeit" darstellen und für eine Untersuchung sowie eine Identifizierung
der Täter in diesem oder jedem anderen Fall kein Hindernis mehr sein
dürfen. Nach diesem Urteil nahmen die peruanischen Behörden die
Untersuchungen am Fall Barrios Altos wieder auf.
Darüber hinaus veröffentlichte der Interamerikanische Gerichtshof
am 03. September 2001 eine weitere Interpretation des Urteils, welche verdeutlichte,
dass die Amnestie-Gesetze auch in keinem weiteren Fall von Menschenrechtsverletzung
geltend gemacht werden dürfen. Dies hat die Handlungsbefugnisse zur
Abschaffung der Straffreiheit in Peru erweitert, da dadurch rechtliche Hindernisse
beseitigt werden, die sowohl die Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen
zwischen 1980 und 1995 als auch die Verurteilung der Täter sowie das
Angebot einer angemessenen Entschädigung für die Opfer verhinderten.
Zwischen 1980 und 1995 ereigneten sich Tausende Fälle von Folter und
Misshandlung an Haftinsassen.
Im Juni 2001 setzten die peruanischen Behörden per Gesetz eine Wahrheitskommission
ein, welche die Vorwürfe der durch den Staat und die zwei bewaffneten
Oppositionsgruppen verübten Menschenrechtsverletzungen im Zeitraum von
1980 bis November 2000 untersuchen soll. Neben anderen Fällen wird die
Wahrheitskommission auch Fälle von Folter und Misshandlung untersuchen.
amnesty international sieht in der Einführung der Wahrheitskommission
eine Möglichkeit für die peruanischen Behörden, der Straffreiheit
in Peru ein Ende zu setzen. Ferner glaubt die Organisation, dass dies eine
deutliches Signal an die Verursacher dieser Straftaten ist, dass diese Praxis
nicht nur illegal ist, sondern in Peru auch nicht mehr länger toleriert
wird.
Folter und Misshandlung seit Februar 1998
Seit Februar 1998, als der peruanische Kongress das Gesetz Nr. 26926, welches
Folter unter Strafe stellt, erließ, hat amnesty international zahlreiche
Fälle von Folter und Misshandlung durch Sicherheitskräfte dokumentiert.
Durch amnesty international in den letzten vier Jahren dokumentierte Foltermethoden
beinhalten: Elektroschocks, Erstickung, Eintauchen des Kopfes in Wasser bzw.
in mit Salz oder Chilipfeffer versetztes Wasser, Prügel, (Faust-)Schläge,
Fußtritte, sexueller Missbrauch inklusive Vergewaltigung, Nahrungs-
oder Wasserentzug über mehrere Tage und psychische Folter.
Die große Mehrzahl der dokumentierten Fälle - seit Einführung
des Gesetzes, welches Folter zur strafbaren Handlung erklärt - blieben
ungestraft. In lediglich zwei Fällen sind die Täter vor Gericht
gestellt worden. Von diesen wurde dem Opfer nur in einem Fall eine Entschädigung
zugesprochen. Im zweiten Fall wurden nun rechtliche Schritte eingeleitet,
um die Zahlung einer Entschädigung an die Familie des Opfers zu erwirken.
amnesty international glaubt, dass die andauernde Anwendung der Folter trotz
Strafandrohung verschiedene Gründe hat. So z. B. werden der Folter und
Misshandlung beschuldigte Personen weiterhin vor Militärgerichte gestellt;
das Gesetz, welches Folter zur kriminellen Handlung erklärt, nur mangelhaft
implementiert, Foltervorwürfe nicht von unabhängigen Stellen untersucht;
Folteropfer und deren Verwandte, Zeugen und Anwälte verfolgt und bedroht;
geeignete Trainings im medizinischen Bereich [zur Erkennung von Folter und
Misshandlung, die Übersetzerin] nicht ausreichend angeboten.
Militärgerichte
Fälle, in denen Verantwortliche von Folter und Misshandlung vor Gericht
stehen, werden nach wie vor an Militärgerichte übertragen. Das
Gesetz von 1998, welches Folter unter Strafe stellt, besagt deutlich, dass
derartige Fälle vor Zivilgerichten verhandelt werden sollten, dies wird
jedoch oftmals ignoriert.
Im Rahmen der Militärgerichtsbarkeit werden die Verantwortlichen für
Folter oftmals wegen geringerer Vergehen, wie zum Beispiel "Missbrauch der
Amtsgewalt" verurteilt. Wenn es sich bei dem Beklagten um ein Mitglied der
Polizei oder der Streitkräfte handelt, leiten die Militärgerichte
Berichten zufolge häufig Untersuchungen bei Vorwürfen der Folter
ein, obwohl der Fall bereits vor einem Zivilgericht behandelt wird. Dies
führt zu einer rechtlichen Auseinandersetzung zwischen Zivil- und Militärgericht,
die durch den Obersten Gerichtshof geklärt werden muss, und verlängert
so die Prozessdauer.
amnesty international erhielt Berichte, in welchen zum Ausdruck kommt, dass
die Staatsanwälte das Gesetz gegen Folter gelegentlich ignorierten oder
nicht anwandten und sich in Fällen von Folter weigerten, das Gerichtsverfahren
fortzusetzen, wenn auch die Militärgerichte den Fall untersuchten. Überdies
haben Zivilrichter bei Auseinandersetzungen bezügl. der rechtlichen
Zuständigkeiten zugunsten einer Durchführung des Verfahrens vor
Militärgerichten geurteilt.
Nach Aussage des UN-Sonderberichterstatters zur Folter macht das Gerichtsverfahren
von Mitgliedern der Sicherheitskräfte im Militärjustizwesen "absolut
keinen Sinn in Fällen, in denen Mitglieder der Sicherheitskräfte
die elementaren Menschenrechte einer Zivilperson ernstlich verletzt haben.
Ein solcher Akt ist ein Angriff gegen das öffentliche zivile System
und sollte folglich vor einem Zivilgericht verhandelt werden".
Bereits 1996 äußerte sich der UN-Sonderberichterstatter für
extralegale, Massen- oder willkürliche Hinrichtungen besorgt zu "Verfahren
von Mitgliedern der Sicherheitskräfte vor Militärgerichten, welche
vermuten lassen, dass die Beklagten aufgrund eines falsch verstandenen Korpsgeistes
(esprit de corps) einer Bestrafung entgehen, was im allgemeinen mit Straffreiheit
endet. " Er nannte Länder wie Kolumbien, Indonesien und Peru als Beispiele.
Im Gegenzug begrüßte der Sonderberichterstatter die Gerichtsbarkeit
von Brasilien, die erreichte, dass Fälle von Verbrechen an Kindern vor
Zivilgerichten behandelt werden auch wenn es sich bei den vermutlichen Tätern
um Angehörige des Militärs handelt.
Mangelnde Umsetzung der nationalen Gesetzgebung
Manche Beamte innerhalb der Strafjustiz sind bei der Bearbeitung der Fälle
von Folter und Misshandlung nicht in der Lage, das Anti-Folter-Gesetz von
1998 anzuwenden. So ist es den Staatsanwälten in einigen Fällen
nicht gelungen, Urteile unter Anwendung des 1998 erlassenen Gesetzes zu fällen,
so dass die Täter wegen geringerer Straftaten verklagt wurden. Peruanische
Menschenrechtsorganisationen haben amnesty international berichtet, dass
Anwälte dazu neigen, eher Anklagen wegen "schwerer Verletzungen" (lesiones
graves) zu erheben als wegen Folter. Sie scheinen ein übermäßiges
Gewicht auf die Ausmaße der Verletzungen bei den Opfern zu legen und
die Absicht hinter dem Verbrechen zu übersehen, nämlich das Zufügen
von mentalem oder körperlichem Schmerz als Mittel zum Erhalt eines Geständnisses
oder zur Bestrafung beziehungsweise Einschüchterung des Opfers. Darüber
hinaus gibt es Informationen, denen zufolge einige Staatsanwälte die
Tatsache ignorieren, dass ein Gesetz existiert, welches Folter zur Straftat
erklärt.
Fehlende unabhängige Untersuchungen
Informationen zufolge, die amnesty international erhalten hat, verlässt
sich die Staatsanwaltschaft überwiegend auf die Polizei, um vorgerichtliche
Untersuchungen anzustellen. Infolgedessen sind in vielen Fällen die
mit der Untersuchung der Anzeigen wegen Folter betrauten Polizisten aus der
selben Einheit wie die vermutlichen Täter.
Berichten zufolge stammen in den meisten der Fälle (Anzeigen wegen Folter)
die von der Staatsanwaltschaft vor Gericht vorgelegten Beweismittel einzig
aus den Ergebnissen der vorgerichtlichen polizeilichen Untersuchungen. In
dem Fall von Carlos López Flores (vgl. S. 20) zum Beispiel hat das
Innenministerium die División Nacional de Investigación Criminalística
(DIVINCRI) -> Abteilung für strafrechtliche Untersuchungen - mit
der Untersuchung betraut. Allerdings waren die Polizeibeamten, die offensichtlich
Carlos López Flores zu Tode gefoltert hatten, Mitglieder der selben
Einheit. Im Fall von Jorge Jerí Juscamaita (vgl. S. 25) wurden die
vorgerichtlichen Untersuchungen der Nationalen Polizeibehörde übergeben,
obwohl ein Beamter der Nationalen Polizeibehörde in diesem Fall ein
Verdächtiger war.
amnesty international ist der Auffassung, dass die peruanischen Behörden
sicherstellen müssen, dass alle Anzeigen wegen Folter unparteiisch,
unabhängig und sorgfältig untersucht werden. Dies erfordert die
Durchführung der Empfehlung des UN-Menschenrechtskomitees, dass "alle
Anzeigen von Fehlverhalten der Angehörigen der Sicherheitskräfte
durch ein unabhängiges Gremium und nicht durch die Sicherheitskräfte
selbst untersucht werden müssen".
Belästigung und Einschüchterung der Opfer
Folteropfer sowie deren Angehörige und Anwälte werden belästigt
und eingeschüchtert, um sie zu einer Rücknahme der Anklage zu zwingen.
amnesty international erhielt Informationen, aus welchen hervorgeht, dass
in einigen dieser Fälle keine Maßnahmen seitens der Behörden
getroffen wurden, um die Opfer vor solchen Drohungen zu schützen. Bedrohungen
von Folteropfern, die Anklage erstatten, beginnen häufig, wenn sich
das Opfer in Haft befindet und dauern nach deren Entlassung an.
amnesty international ist der Überzeugung, dass der Mangel an einer
effektiven Untersuchung solcher Drohungen und die Tatsache, dass die Täter
nicht vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden, die Opfer davon zurückhält,
Anzeige zu erstatten, und im Gegenzug die Täter dazu ermutigt, solche
Straftaten weiterhin ohne strafrechtliche Konsequenzen begehen zu können.
Der Mangel an entschiedenem Vorgehen gegen Einschüchterungen und Drohungen
nährt somit den Boden für Straflosigkeit, indem Menschenrechtsvergehen
unbestraft bleiben.
Suspendierung vom Dienst
Der UN-Sonderberichterstatter zu Folter hat gefordert, dass "so lange sich
nicht alle Vorwürfe der Folter als offenkundig falsch erweisen, die
betreffenden Beamten während der laufenden Untersuchungen bis zu deren
Ergebnis sowie während aller laufenden rechtlichen und disziplinarischen
Verfahren von ihrem Dienst suspendiert werden sollten. " In Peru ist dies
selten der Fall. Offensichtlich bleiben die der Folter beschuldigten Beamten
so lange aktiv im Dienst, bis sie offiziell für schuldig befunden und
verurteilt werden.
amnesty international hat sehr beunruhigende Berichte erhalten, wonach Mitglieder
der Sicherheitskräfte, die der Folter beschuldigt sind, anstatt verhört
und vor Gericht gestellt zu werden, versetzt oder gar in eine ranghöhere
Position befördert worden sind. amnesty international ist überzeugt,
dass diese Vorgehensweise eine falsche Botschaft sowohl an die Täter,
als auch an die Opfer und diejenigen Staatsdiener ist, die sich dazu verpflichtet
haben, die Grundrechte der Bürger zu respektieren. Statt Professionalität
und gute Arbeitspraktiken zu fördern, demoralisiert und entmutigt dieses
Vorgehen die Beamten, die bei der Erfüllung ihrer Pflichten das Gesetz
befolgen und die Menschenrechte respektieren.
Die Ärzteschaft
Das Verhalten der Gerichtsmediziner sowie deren mangelhafte Ausbildung stellen
ein weiteres Erschwernis für erfolgreiche strafrechtliche Verfolgungen
in Fällen von Folter dar. Berichten zufolge versagten manche Gerichtsmediziner
dabei, aus Folter resultierende Verletzungen bei den Opfern als solche zu
erkennen, was zum Abbruch der Gerichtsverfahren führte. Artikel 321
des im Anti-Folter-Gesetz enthaltenen Strafgesetzes besagt, dass Folter "gravierende
Schmerzen oder Leiden, sowohl physisch als auch psychisch" verursacht. Wenn
also die Mediziner die Verletzungen nicht als "gravierend" konstatieren,
folgern sie damit, dass derartige Verletzungen nicht auf Folter schließen
lassen. Die Täter werden daraufhin wegen geringerer Vergehen, wie zum
Beispiel 'Missbrauch der Amtsgewalt' verurteilt.
Peruanische Menschenrechtsorganisationen haben amnesty international berichtet,
dass in keinem ihrer seit 1998 dokumentierten Fälle die Mediziner die
Richtlinien eingehalten haben, welche bei der Beweisführung in Fällen
von Folter befolgt werden sollten. Die Richtlinien sind im peruanischen Protocolo
de Reconocimiento Médico Legal Para la Detección de Lesiones
o Muertes Resultante de Tortura (Protokoll zur medizinischen Untersuchung
für die Ermittlung von Verletzungen oder Tod infolge von Folter) schriftlich
niedergelegt. Laut Artikel 2 von Anhang 3 des Anti-Folter-Gesetzes von 1998
ist die Anwendung dieses Protokolls bindend.
Nach Ansicht von amnesty international sollten alle Mediziner und sonstiges
ärztliches Personal über die Existenz dieses ärztlichen Protokolls
zur Beweisführung bei Fällen von Folter in Kenntnis gesetzt und
über ihre rechtliche Verpflichtung, dieses Protokoll, wann immer es
erforderlich ist, anzuwenden, aufgeklärt werden. amnesty international
fordert von den Behörden, für Ärzte und medizinisches Personal
Ausbildungsprogramme einzurichten, um sicherzustellen, dass sie ausführlich
auf die Erkennung von Verletzungen durch Folter - sowohl innere, als auch
äußere - und psychische Verletzungen, geschult sind.
Folter und Misshandlung durch Polizei und Streitkräfte
Die in diesem Bericht dargestellten Fälle illustrieren die Besorgnis
von amnesty international in Hinsicht auf Folter und Misshandlung von (Untersuchungs-)Gefangenen
durch peruanisches Polizei- und Militärpersonal. In zahlreichen Fällen,
die an amnesty international herangetragen wurden, ziehen die Folteropfer
ihre Anzeigen nachträglich zurück aus Angst vor Repressalien, oder
da sie kurz vor einem Gerichtsverfahren stehen und befürchten, dass
die Anzeige Ihre Gerichtsverhandlung gefährdet. Während dieser
Bericht verfasst wurde, waren alle im Bericht aufgeführten Fälle
noch offen. amnesty international drängt die Behörden, ernsthaften
Einsatz bei der Förderung und dem Schutz der Menschenrechte zu zeigen,
indem sie umgehende, unabhängige und unparteiische Untersuchungen dieser
Fälle anordnen, die Täter vor Gericht stellen und wirkungsvolle
Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass sich diese Taten wiederholen.
In den meisten der durch amnesty international während der letzten drei
Jahre dokumentierten Fälle von Folter und Misshandlung waren die (Untersuchungs-)Gefangenen
der Folter und Misshandlung durch Polizeibeamte ausgesetzt, die auf diese
Weise erzwingen wollten, dass die Opfer Straftaten, welche ihnen zur Last
gelegt wurden, gestehen. Diese Geständnisse wurden später vor Gericht
als Beweismittel gegen sie vorgelegt. amnesty international liegen ferner
Berichte von Gefangenen vor, die besagen, dass während ihres Polizeigewahrsams
Folter und Misshandlung auch als Strafmaßnahme gegen sie angewandt
wurde.
amnesty international ist ernsthaft besorgt bezüglich der weiterhin
eingehenden Berichte über Folter und Misshandlung durch Mitglieder der
Streitkräfte gegen Gefangene, die "terroristischer" Straftaten verdächtig
sind. Auch hier wird Folter entweder als Strafmaßnahme oder als Mittel
zum Erhalt von Informationen oder Geständnissen angewandt. Diese Fälle
demonstrieren, dass die Streitkräfte auch weiterhin nicht nur an der
Verhaftung, sondern auch an der Ermittlung gegen Zivilpersonen beteiligt
sind. Diese Praxis widerspricht dem peruanischen Gesetz.
Unregelmäßigkeiten bei Gericht
Oftmals unterlässt es das an Verhaftungen und Verhören beteiligte
Polizei- und Militärpersonal, genaue Aufzeichnungen über Haftzeiten,
Freilassungen und Verhören von Verdächtigen zu erstellen. Dieses
Versäumnis spricht gegen den Grundsatz 12 des UN-Kodexes zum 'Schutz
aller Menschen in jeglicher Form von Haft' und dem Grundsatz 7 der UN-Mindest-Grundsätze
für die Behandlung von Gefangenen. Peruanischen Menschenrechtsorganisationen
zufolge behindert das Fehlen genauer Aufzeichnungen die Untersuchungen der
Anwälte bei Anzeigen von Folter.
Weitere gerichtliche Unregelmäßigkeiten beinhalten, dass Polizeibeamte
Verhaftungen ohne Haftbefehl vornehmen, sich weigern, bei der Durchführung
von Verhaftungen Ihre Identität anzugeben, und es unterlassen, bei Ankunft
in der Polizeistation den Namen des Verhafteten zu registrieren. In einigen
Fällen haben Polizeibeamte offenkundig gefolterte, schwerverletzte Gefangene
in ein Krankenhaus gebracht und dort Angaben zu ihrer eigenen Person oder
zum Namen des Gefangenen verweigert.
All diese Praktiken versetzen die Gefangenen in eine sehr schutzlose Lage
und erschweren vorgerichtliche Ermittlungen. Ferner erschweren sie die Untersuchungen
bei Anzeigen von Folter, da sie verhindern, dass Verteidiger und Staatsanwälte
während der Untersuchungshaft des Opfers einbezogen werden.
amnesty international ist außerdem äußerst besorgt über
in den letzten Monaten eingegangene Berichte, die besagen, das (Untersuchungs-)Gefangenen
während der (Untersuchungs-)Haft der Kontakt zu einem Arzt verweigert
wurde, selbst dann, wenn die inhaftierte Person Anzeige wegen Folter erstattet
hat.
Berichte über Polizeibeamte, die Verhaftete bedrohen, damit sie Erklärungen
unterschreiben, aus denen hervorgeht, dass sie während der Untersuchungshaft
weder jeglicher Art von Folter noch Misshandlung ausgesetzt waren, gehen
weiterhin ein. amnesty international liegen ferner Informationen über
Falschaussagen von Polizeibeamten vor, die behaupten, dass die Verletzungen
des Opfers von einem Fluchtversuch herrühren oder aufgrund von Gegenwehr
während der Haftzeit entstanden sind.
Sonderkommissionen
Die offiziell einberufene Comisión Especial de Reestructuración
de la Policía Nacional del Perú (Sonderkommission zur Umstrukturierung
der Nationalen Polizeibehörde von Peru) veröffentlichte ihren Bericht
im Februar 2002. Die Sonderkommission führte eine detaillierte Evaluierung
durch, um die wesentlichen Stärken und Schwächen innerhalb der
Polizei festzustellen. Die Empfehlungen dieser Kommission beinhalten eine
komplette Reform der Rekrutierung, Kurse zur Aus- und Weiterbildung und Professionalisierung
der Polizeibeamten.
amnesty international begrüßt die Einberufung dieser Sonderkommission
und empfiehlt, dass die polizeiliche Ausbildung folgende Inhalte umfasst:
Menschenrechtserziehung, Unterricht zu Befragungs- und Ermittlungstechniken,
zum Vorgehen gegen die kriminelle Szene, gerichtsmedizinisches Grundwissen
und Unterweisungen im Gebrauch von gesetzlichen Zwangsmitteln unter Wahrung
der Menschenrechte. Zusätzlich zu dieser Ausbildung sollten der Polizei
die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, um ihre Arbeit
effizient und bei Wahrung der Menschenrechte zu erledigen. Seit Veröffentlichung
des Berichtes der Sonderkommission hat die Regierung unter Präsident
Alejandro Toledo 15 Millionen US$ für die Verbesserung der Infrastruktur
aller Polizeistationen zur Verfügung gestellt. amnesty international
wird die Ergebnisse dieser Investition überprüfen, um festzustellen,
ob diese den Schutz und die Förderung der fundamentalen Menschenrechte
für die durch Polizeikräfte verhafteten Personen bewirken.
Folter und Misshandlung in Gefängnissen
In den vergangenen Jahren hat amnesty international Berichte von Häftlingen
erhalten, die zum Zwecke der "Bestrafung" von Gefängnispersonal gefoltert
und misshandelt wurden. Die UN-Mindest-Grundsätze zur Behandlung von
Gefangenen stellen in Artikel 31 fest: "Prügelstrafe, Bestrafung durch
Unterbringung in einer Dunkelzelle und gewaltsame unmenschliche und erniedrigende
Bestrafungen sowie Bestrafungen für disziplinarische Vergehen sollten
komplett verboten werden. "
amnesty international erhielt Anzeigen, wonach Häftlinge mit stumpfen
Gegenständen oder mit Fäusten geschlagen wurden; gezwungen wurden
sich auszuziehen, mit kaltem Wasser übergossen und dann nackt und durchnässt
in der Zelle zurück gelassen wurden; psychologisch misshandelt und sexuell
missbraucht wurden. Diejenigen, die gegen solche Misshandlungen Beschwerde
einreichen, werden oft mit Verlegung in eine Isolationszelle bestraft oder
ihnen wird mit der Verlegung in ein anderes Gefängnis oder einen anderen
Gefängnistrakt gedroht. Infolge dessen werden viele Beschwerden zurück
gezogen.
Oftmals ist es für die Häftlinge schwierig, Beschwerde über
ihre Behandlung einzureichen, da es sich bei den Tätern oft um die Bediensteten
handelt, in deren 'Obhut' sie sich befinden. Die Angst vor Repressalien oder
vor dem Verlust bestimmter Rechte oder Privilegien bedeutet, dass sehr wenige
Beschwerden eingereicht und noch weniger Täter bestraft werden. Menschenrechtsanwälte
in Peru stellen fest, dass der "Schweige-Kodex" und der "Kollektivismus"
innerhalb des Gefängnissystems die Ermittlungen sowie die Möglichkeit,
die Täter zur rechtlichen Verantwortung zu ziehen, oftmals sehr erschweren.
Grausame, unmenschliche und erniedrigende Bedingungen
Bereits seit vielen Jahren bringt amnesty international seine tiefe Besorgnis
über die Konditionen in Hochsicherheitsgefängnissen zum Ausdruck,
in welchen Personen einsitzen, die aufgrund "terroristischer" Straftaten
verurteilt worden sind. Die Bedingungen in diesen Gefängnissen sind
nach wie vor extrem und laufen unter bestimmten Bedingungen auf grausame,
unmenschliche und erniedrigende Behandlung hinaus. Zum Beispiel bleibt das
Challapalca-Gefängnis in Puno weiterhin in Betrieb, trotz der Aufforderungen
der Inter-Amerikanischen Menschenrechtskommission und internationaler Nichtregierungsorganisationen,
amnesty international inbegriffen, dieses Gefängnis für immer zu
schließen. Die Haftanstalt befindet sich in mehr als 4. 600 m über
dem Meeresspiegel und es ist dort extrem kalt. Die schlechte Erreichbarkeit
des Gefängnisses schränkt das Recht der Haftinsassen, den Kontakt
zur Aussenwelt, inklusive zu Verwandten, Anwälten und Ärzten, aufrecht
zu erhalten, stark ein.
Im September 2001 wurden rund 30 politische Gefangene in das Challapalca-Gefängnis
verlegt und befanden sich zu der Zeit, als dieser Bericht geschrieben wurde,
immer noch dort. Die Häftlinge wurden vom Hochsicherheitsgefängnis
Yanamayo im Department Puno verlegt, in welchem sie einen Gefängnistrakt
unter ihre Kontrolle gebracht hatten.
Viele Haftinsassen wurden unter der Anti-"Terrorismus"-Gesetzgebung von 1992,
die Gefängnisstrafen zwischen sechs Jahren und lebenslänglich vorsieht,
zu mindestens 20 Jahren Haft verurteilt. Aufgrund dieser Gesetzgebung wurde
für die Haftinsassen, die wegen "terroristischer" Straftaten oder Hochverrats
verurteilt wurden, neue und strengere Haftbedingungen eingeführt. So
wurden bis Juni 1999 die betreffenden Häftlinge während ihres gesamten
ersten Haftjahres isoliert. Seit Juni 1999 wurde diesen Häftlingen während
ihres ersten Haftjahrs eine Stunde täglich im Gefängnishof zugestanden.
Seit 1998 sind die wegen "schweren Terrorismus" verurteilten Häftlinge
während ihres ersten Haftjahres permanent von den anderen Haftinsassen
isoliert. amnesty international ist überzeugt, dass der ein Jahr lang
andauernde Verbleib eines Häftlings in totaler Isolation - so wie es
bis Juni 1999 der Fall war - eine grausame, unmenschliche und erniedrigende
Behandlung darstellt.
Die Organisation zeigt sich ferner besorgt in Hinblick auf Praktiken in der
Verwaltung, die unter den Mindestanforderungen für akzeptable Standards
zur Behandlung Gefangener liegen. Diese Praktiken beinhalten: auf 10 Minuten
pro Monat beschränktes Besuchsrecht; die Tatsache, dass zahlreiche Häftlinge
zur selben Zeit ihren Besuch empfangen müssen, so dass Häftlinge
und Besucher schreien müssen, um sich durch die engmaschigen Metallbarrieren,
die sie voneinander trennen, verständigen zu können; sowie das
Verbot für Häftlinge, ein Radio, Zeitungen, Schreibutensilien oder
Bücher zu besitzen.
1997 wurden die Richtlinien für die Behandlung von Häftlingen,
die wegen "terroristischer" Straftaten verurteilt wurden, durch das oberste
Dekret Nr. 005-97-JUS reformiert. Die neuen Regelungen sahen Verbesserungen
bei Familienbesuchen und eine Ausdehnung des täglichen Hofgangs von
30 auf 60 Minuten vor. Jedoch galten diese Regelungen nicht für die
Häftlinge in Militärgefängnissen. amnesty international begrüßte
die Reform, zeigte sich jedoch besorgt über ihre unregelmäßige
Anwendung. Eine Abordnung von amnesty international besuchte im September
1998 das Establecimiento Penal de Máxima Seguridad de Mujeres, Chorillos
(Chorillos-Hochsicherheitsgefängnis für Frauen) in Lima. Die Abordnung
stellte fest, dass der Gefängnisdirektor aufgrund seiner Interpretation
von "guter Führung" die Häftlinge, die an ihren politischen Überzeugungen
festhielten, nicht in den Genuss der verbesserten Haftbedingungen (verlängerter
Hofgang, ausgedehntere Besuchszeiten sowie körperlicher Kontakt zu Verwandten
während der Besuchszeiten) kommen ließ, obwohl diese Vergünstigungen
per Dekret festgelegt waren.
Seit der Amtsenthebung von Ex-Präsident Alberto Fujimori hat amnesty
international keine Hochsicherheitsgefängnisse mehr besucht. Jedoch
ist die Organisation weiterhin besorgt über die Tatsache, dass die politischen
Häftlinge, die ihre politischen Ansichten nicht geändert haben,
weiterhin misshandelt werden. Im Januar 2002 schrieb amnesty international
einen Brief an die peruanischen Behörden, in dem sie ihre große
Besorgnis über die Verlegung einiger weiblicher politischer Häftlinge
zum Ausdruck brachte. Während der Verlegung vom Chorillos-Hochsicherheitsgefängnis
für Frauen in Lima in das Cajamarca Gefängnis im Department Cajamarca
am 21. Dezember 2001 wurden Lori Berenson, Nancy Gilvonio sowie weitere politische
Häftlinge Berichten zufolge von den Polizeibeamten misshandelt. Lori
Berenson erstattete später gegen die mit der Verlegung betrauten Polizeibeamten
Anzeige wegen sexuellen Missbrauchs.
Unruhen in Gefängnissen
Als die Regierung von Ex-Präsident Alberto Fujimori 2000 ins Wanken
geriet, begannen Insassen von Hochsicherheitsgefängnissen Hungerstreiks
und Aufstände zu organisieren. Die jüngste dieser Aktionen war
ein am 11. Februar 2002 begonnener Hungerstreik von mehr als 600 politischen
Gefangenen, von denen sich die Mehrheit im Castro Castro-Gefängnis in
Lima befindet. Die politischen Häftlinge verlangen die Annullierung
der gegenwärtigen Anti-"Terrorismus"-Gesetze; neue, faire Gerichtsverhandlungen,
eine Beschleunigung des gerichtlichen Verfahrens, um zu verhindern, dass
Häftlinge nicht mehr wie bisher bis zu mehreren Jahren auf ein Urteil
warten müssen; die Schließung der Hochsicherheitsgefängnisse
Yanamayo und Challapalca sowie des Gefängnisses auf dem Marinestützpunkt
von Callao, in welchem seit 1992 die Anführer der bewaffneten Oppositionsgruppen
Leuchtender Pfad und MRTA einsitzen.
amnesty international befürchtet, dass die Situation in den Hochsicherheitsgefängnissen
die peruanischen Behörden zur Anwendung von übermäßiger
Gewalt verleitet.
Folter und Misshandlung von Militärpersonal in Militärstützpunkten
Seit 1999 erhält amnesty international Berichte über Fälle
von Folter und Misshandlung von Wehrpflichtigen, darunter auch Todesfälle
unter ungeklärten Umständen. In diesen Fällen werden Folter
und Misshandlung Berichten zufolge von höherrangigem Personal angewandt,
um das Militärpersonal niederen Ranges zu bestrafen oder zu disziplinieren.
Die in den Berichten aufgeführten Foltermethoden beinhalten: Schläge,
das Eintauchen des Kopfes in mit Reinigungsmittel versetztes Wasser, Verbrennungen
durch Zigaretten, mehrtägige Isolationshaft, teilweiser oder kompletter
Nahrungsentzug, Drohungen und psychische Misshandlung.
Die Opfer fühlen sich oftmals ungeschützt und fürchten sich
davor, Anzeige zu erstatten. Dies hat zur Folge, dass einige Opfer die Misshandlungen
offenbar über eine lange Zeit erleiden, bevor sie Alarm schlagen. Die
Angst vor Repressalien bedeutet außerdem, dass formelle Beschwerden
oftmals zurückgezogen werden. Der "Kodex des Schweigens" innerhalb des
Militärs erschwert die Ermittlungen in solchen Fällen, selbst wenn
sich das Opfer entscheidet, die Anzeige aufrecht zu erhalten. Im Ergebnis
ist die Anzahl der Anzeigen, die die Gerichte erreichen, sehr gering. Im
allgemeinen werden diese Anzeigen von den Streitkräften selbst bearbeitet,
und in den wenigen Fällen, in welchen dieses zu Gerichtsverhandlungen
führte, finden diese vor Militärgerichten statt.
amnesty international ist tief besorgt über Folter und Misshandlung
von Militärpersonal, insbesondere über die Tatsache, dass die meisten
Fälle vor Militärgerichten verhandelt werden, wo die Verurteilung
der Täter für die geringere Straftat "Autoritätsmissbrauch"
anstelle von Folter erfolgt. Die Organisation fordert verstärkt, dass
alle Militärrichter angewiesen werden sollen, Fälle von Folter
von Zivilgerichten durchführen zu lassen, so wie es das Anti-Folter-Gesetz
von 1998 verlangt. Berichten zufolge werden Petitionen von Staatsanwälten
für die Überstellung der Fälle von Folter vor ein Zivilgericht
auch weiterhin vom Militär zurückgewiesen.
Besonders wichtig ist es, die Formen von Missbrauch und Fehlverhalten innerhalb
der Streitkräfte zu durchbrechen. Zuständige Kommandeure müssen
die Verantwortung übernehmen, Fälle von Missbrauch aufzudecken
und zu beenden, den "Kodex des Schweigens" zu brechen und diejenigen anzusprechen,
die offensichtlich nicht gewillt sind, gegen Kollegen zu ermitteln oder auszusagen.
Wenn das Opfer ein Kind ist
In den letzten Jahren sind in Peru selbst Kinder und Jugendliche von Mitgliedern
der Sicherheitskräfte gefoltert und misshandelt worden. Fälle,
die amnesty international übermittelt wurden, beinhalten sexuellen Missbrauch
und Todesfälle in der Untersuchungshaft. In den meisten dieser Fälle
handelt es sich bei den Opfern um Jungen im Alter zwischen 13 und 17 Jahren.
Die meisten wurden aufgrund des Verdachts eines "terroristischen" Vergehens
oder des "schweren Terrorismus" festgenommen. In Wirklichkeit war einer der
Hauptgründe für die Verabschiedung des Gesetzes gegen "schweren
Terrorismus" die Zerschlagung von Jugendbanden.
Gegen Kinder und Jugendliche in den letzten Jahren gemeldete angewandte Foltermethoden
beinhalten Schläge und andere körperliche Misshandlungen, Drohungen
und sexuellen Missbrauch.
amnesty international zeigt sich tief besorgt darüber, dass Kinder unzureichend
geschützt sind, wenn sie verhaftet werden. Berichten zufolge werden
Kinder teilweise zusammen mit Erwachsenen in Untersuchungshaft gehalten;
diese Praxis kann das Wohlergehen des Kindes gefährden. Wie berichtet
wird, geschieht dies manchmal, weil die Polizeibeamten das Alter der festgenommenen
Personen nicht überprüfen, oder weil ein Richter die vorläufige
Verwahrung eines Minderjährigen in einer Strafanstalt für Erwachsene
anordnet, bis das Alter durch einen Arzt bestätigt worden ist.
Wenn Kinder zusammen mit Erwachsenen in Gewahrsam gehalten werden, verstößt
dies gegen Artikel 211 des peruanischen Código Penal de los Niños
y Adolescentes (Strafgesetzbuch für Kinder und Jugendliche), welches
besagt, dass Kinder über 12 Jahre festgenommen werden können, jedoch
von Erwachsenen getrennt untergebracht werden müssen. Ferner verstößt
die Verfahrensweise gegen Gesetz 37c der UN Konvention über die Rechte
des Kindes. Die Verwahrung von Kindern und Erwachsenen in Haftanstalten für
Erwachsene besteht offenbar noch immer, da es im Lande an Jugendstrafanstalten
mangelt.
Darüber hinaus müssen Kinder unter 12 Jahren, die eines Verbrechens
beschuldigt werden, nach dem peruanischen Strafgesetzbuch für Kinder
und Jugendliche eine Sonderbehandlung erhalten, um angemessenen Schutz zu
gewährleisten. Es gibt keine Bestimmung im genannten Strafgesetzbuch,
die besagt, dass Kinder unter 12 Jahren in Polizeigewahrsam oder in Haft
gehalten werden dürfen. Trotzdem sind Fälle bekannt, bei denen
11jährige in Polizeigewahrsam genommen und dort wegen Diebstahls verhört
wurden. Einige Kinder wurden ohne Haftbefehl festgehalten.
Die Polizei verhört zuweilen auch Kindern, ohne dass ein rechtlicher
Vertreter anwesend ist und ohne das Wissen der Eltern oder Erziehungsberechtigten,
und setzt sie während der Verhöre unter Druck oder Zwang. Wie die
Fälle in diesem Bericht zeigen, besteht die Verhörtechnik der Polizei
fast ausschließlich darin, Geständnisse herbeizuführen, um
so einen Schuldspruch zu erreichen.
Wie berichtet wird, haben Polizeibeamte in Haft befindliche Kinder und Jugendliche
auch gefoltert, um sie für Verbrechen zu bestrafen, von denen man annahm,
dass sie in diese verwickelt waren. Drohungen und Belästigungen gegenüber
Kindern und Jugendlichen, deren Eltern Anzeige wegen Folter erstatten, dauern,
wie berichtet wird, noch immer an und werden sehr selten untersucht oder
bestraft.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
amnesty international stellt fest, dass Folter und Misshandlung nach wie
vor ein ernsthaftes Problem in Peru darstellen. Die Regierung unter Präsident
Alejandro Toledo sollte jetzt sicher stellen, dass alle Peruaner/innen frei
von durch den Staat verursachte Gewalt leben können.
Die Organisation fordert die peruanischen Behörden auf, die notwendigen
Schritte - die nachfolgend aufgeführten Empfehlungen inbegriffen - zu
unternehmen, um zu gewährleisten, dass Folter und Misshandlung nicht
mehr praktiziert werden.
amnesty international drängt darauf, dass die peruanischen Behörden
das Challapalca-Gefängnis für immer schließen und die Amnestie-Gesetze
von 1995 aufheben.
Darüber hinaus fordert die Organisation die Behörden auf, die Anti-"Terrorismus"-Gesetze
von 1992 zu überarbeiten und in Einklang mit internationalen Standards
zu bringen und die Artikel 21 und 22 der Konvention gegen Folter und andere
grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe zu ratifizieren.
Die Ratifizierung dieser Artikel würde es den peruanischen Bürger/Innen
erlauben, ihren Fall vor den UN Ausschuss gegen Folter zu bringen.
Empfehlungen an die Polizei und andere Beamte mit Polizeibefugnissen
Den Polizei- und anderen Sicherheitskräften sollten die notwendigen
Mittel und Ausbildungsprogramme zur Verfügung stehen, um sicher zu stellen,
dass sie bei der Erfüllung ihrer Pflichten keine Folter und Misshandlung
anwenden.
Die Ausbildungsprogramme sollten beinhalten:
Schulungen zu Befragungs- und Ermittlungstechniken, zum Vorgehen gegen die
kriminelle Szene, gerichtsmedizinisches Grundwissen und Unterweisungen im
Gebrauch von gesetzlichen Zwangsmitteln unter Wahrung der Menschenrechte.
Unterweisung in Internationalen Standards, wie zum Beispiel dem Verhaltenskodex
für Beamte mit Polizeibefugnissen; den UN-Grundsätzen für
die wirksame Verhütung und Untersuchung von außergesetzlichen,
willkürlichen und summarischen Hinrichtungen; den UN-Grundprinzipien
für die Anwendung von Gewalt und Schusswaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen;
sowie den UN-Mindest-Grundsätzen für die Behandlung von Gefangenen;
den UN-Regeln der Vereinten Nationen für den Schutz von Jugendlichen,
denen ihre Freiheit entzogen ist; und den Rahmenbestimmungen der Vereinten
Nationen für die Jugendgerichtsbarkeit ("Beijing-Regeln")
Richtlinien für den Umgang mit Personen, die speziellen Schutz benötigen,
wie Frauen, Kinder, homosexuelle Frauen und Männer, bisexuelle Personen
und Transsexuelle, sowie geistig behinderte Personen.
Es ist notwendig, dass die Behörden in ihren Stellungnahmen gegenüber
Amtsträgern und Beamten mit Polizeibefugnissen unmissverständlich
klarstellen, dass Menschenrechtsverletzungen wie Folter und Misshandlung
unter keinen Umständen toleriert werden, und dass Personen, die solche
begehen, vor Gericht gestellt und dem Gesetz entsprechend bestraft werden.
Jeder Beamte mit Polizeibefugnissen, gegen den ein glaubhafter Beweis vorliegt,
in Menschenrechtsverletzungen verwickelt zu sein, sollte verhört und
vor Gericht gestellt werden.
Menschenrechtsverletzungen, die durch Sicherheitskräfte verübt
wurden, sollten nicht nur unverzüglich, gründlich, sorgfältig
und neutral durch ein unabhängiges Gremium untersucht, sondern gemäß
internationaler Menschenrechtsstandards vor einem Zivilgericht geahndet werden.
amnesty international erkennt die Notwendigkeit interner Ermittlungsausschüsse
innerhalb der Sicherheitskräfte in Hinblick auf interne disziplinarische
Erlasse und die Errichtung eines klaren Verhaltenskodex innerhalb der Richtlinien
an. Allerdings sollte der interne Ermittlungsausschuss bei der Untersuchung
von Vorwürfen des Menschenrechtsmissbrauchs oder kriminellen Handlungen
durch Staatsdiener keine Zuständigkeit haben. In Fällen von Anzeigen
gegen Staatskräfte wegen ernsthafter Menschenrechtsverletzungen sollte
das 'Ministerio Público' oder ein ermittelnder Richter die Verantwortung
für die Durchführung der Untersuchungen haben.
Ein System zur Frühwarnung sollte eingeführt werden, um solche
Beamte zu identifizieren und zu verfolgen, die in Menschenrechtsverletzungen
involviert sind, inklusive eines Berichtssystems und Führungszeugnissen
für Beamte. Diese Aufzeichnungen sollten einer unabhängigen Kontrollinstanz
zur Verfügung stehen.
Verhaftete Personen sollten unmittelbar nach ihrer Festnahme und regelmäßig
während der Zeit des Gewahrsams und der Haft Kontakt zu Verwandten und
einem Anwalt haben
Alle verhafteten Personen müssen bei ihrer Festnahme über ihre
Rechte informiert werden, einschließlich des Rechts, keine Folterung
oder Mißhandlung erleiden zu müssen und des Rechts, Beschwerde
einlegen zu können.
Alle Vernehmungen von Personen, die einer Straftat verdächtigt werden,
sollten in Gegenwart eines Anwalts stattfinden. Verhörprotokolle sollten
erstellt und, wenn möglich, Audio- oder Videoaufzeichnungen vorgenommen
werden. Der Verteidiger einer verhafteten Person sollte Zugang zu diesen
Aufzeichnungen haben. Haft- und Verhörprotokolle sowie Audio- und Videoaufzeichnungen
sollten durchgeführt werden, um sowohl den Häftling vor Amtsmissbrauch
und Misshandlungen als auch die Polizei vor unbegründeten Vorwürfen
unkorrekten Verhaltens zu schützen.
Personen, die verantwortlich sind für den Gewahrsam Inhaftierter dürfen
nicht mit der Durchführung von Verhören betraut werden. Dadurch
kann das Personal, das nicht in Verhöre involviert ist, eine Kontrollfunktion
in Hinblick auf das Wohlbefinden und die körperliche Sicherheit Inhaftierter
übernehmen.
Empfehlungen an die Justiz
Es müssen Anstrengungen unternommen werden um sicherzustellen, dass
die Justiz über entsprechende Ressourcen und Kompetenz verfügt,
um umfassende und effektive Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen
durchzuführen und die Ergebnisse zu evaluieren.
Interne Prüfungen [internal court audits, die Übersetzerin] sollten
bei Gericht durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Verantwortlichen
bei Gericht ihre Pflichten kennen und entsprechend handeln.
Richter sollten spezifische Unterweisungen erhalten, um in die Lage versetzt
zu werden, Beweise oder Aussagen, die unter Folter oder Mißhandlung
entstanden sind, als solche zu erkennen und diese für das weitere Verfahren
nicht zu verwenden, sobald eine Beschwerde wegen Folter oder Mißhandlung
vorliegt. Ebenso müssen sie die notwendigen Schritte bei der Untersuchung
des Vorwurfs der Folter oder Misshandlung kennen. Auch muss gewährleistet
sein, dass die Beweislast in Fällen des Vorwurfs der Folter oder Misshandlung
umgekehrt wird.
Richter müssen sicherstellen, dass Geständnisse oder Beweise jeglicher
Art, die in Folge von Folter entstanden sind, für das Verfahrens keinerlei
Verwendung in Hinblick auf das Opfer finden. Werden Angaben zu Folterungen
gemacht, so müssen Richter die [Haupt]verhandlung unverzüglich
unterbrechen und eine separate Untersuchung der Vorwürfe einleiten,
welche von einem Staatsanwalt angeordnet werden muss.
Sollte aufgrund einer gerichtlichen Untersuchung festgestellt worden sein,
dass Aussagen und Geständnisse aufgrund der Anwendung von Folter oder
Misshandlung zustande gekommen sind, muss ein Staatsanwalt ein Verfahren
einleiten gegen jene, die mutmaßlich in das Erzwingen einer/s solchen
Aussage oder Geständnisses involviert waren.
Alle Richter, Staats- und Rechtsanwälte müssen darüber unterrichtet
werden, dass kein/e Geständnis/Aussage, welche/s ohne die Anwesenheit
eines Vertreters des Ministerio Público und des Verteidigers der inhaftierten
Person zustande gekommen ist, als Beweismittel vor Gericht verwendet werden
darf.
Das Ministerio Público sollte sich externen Prüfungen öffnen,
um sicher zu stellen, dass die Staatsanwälte sich ihrer Pflichten bewusst
sind und diese ordnungsgemäß erfüllen. Informationen hinsichtlich
eingereichter Beschwerden, untersuchter Fälle, erhobener Anklagen und
Schuldsprüchen sollten ebenfalls angepaßt werden, um die Funktionsweise
des Ministerio Público wirkungsvoll darstellen zu können.
Alle Richter, Staats- und Rechtsanwälte sollten die Gesetzgebung (Gesetz
Nr. 26 926), die Folter als Straftatbestand deklariert, zur Anwendung bringen.
Alle Richter sollten entsprechende Anweisungen erhalten, um die Gesetzgebung,
die Folter verbietet (Gesetz Nr. 26 926) auf Gerichtsverfahren anzuwenden.
Staatsanwälte und Anwälte sollten ebenfalls in der Lage sein, diese
Gesetzgebung bei der Anklage eines mutmaßlichen Täters heranzuziehen.
Pflichtverteidiger müssen umfassend für den Umgang mit Folteropfern
und das Aufsetzen einer entsprechenden Anklageschrift ausgebildet sein. Regelmäßige
Evaluierungen sollten stattfinden um sicherzustellen, dass Pflichtverteidiger
ihre Aufgaben und Pflichten kennen und diese entsprechend ausführen,
vor allem im Umgang mit Folteropfern.
Alle Opfer von Menschenrechtsverletzungen, Häftlinge eingeschlossen,
müssen Zugang zu effektiven Anklageverfahren haben, um Beschwerden über
Menschenrechtsverletzungen ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen einreichen
zu können. Diese Beschwerden sollten auf offiziellem Wege dem Ministerio
Público zugestellt werden, um umfassende, unparteiische und unabhängige
Untersuchungen einleiten zu können.
Die Familien von Opfern, Anwälte oder Menschenrechtsverteidiger, die
die Inhaftierten unterstützen, sollten ebenfalls in der Lage sein, Beschwerden
direkt beim Ministerio Público einzureichen, ohne damit Risiken wie
Bedrohungen oder Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt zu sein.
Opfer, Familien von Opfern, Anwälte oder Menschenrechtsverteidiger,
die Beschwerde oder Anzeige erstatten, müssen über den Stand der
Beschwerde/Anzeige auf dem Laufenden gehalten werden und müssen Zugang
erhalten zu jeder Untersuchung oder Verfahren, welche/s infolge der Beschwerde
oder Anzeige stattfindet.
Es müssen Schritte unternommen werden, um den adäquaten Schutz
von Opfern, ihrer Verwandten und Zeugen durch ein umfassendes und effektives
Zeugenschutzprogramm sicherzustellen.
Empfehlungen an die Ärzteschaft
Inhaftierte sollten bei Ankunft am Haftort, in regelmäßigen Abständen
während der Untersuchungshaft und Haft und kurz vor oder nach einem
Transfer in ein anderes Haftzentrum sowie bei Haftentlassung von einem Arzt
untersucht werden.
Eine medizinische Untersuchung mutmaßlicher Opfer von Folter oder Misshandlung
sollte nur in Anwesenheit unabhängiger Zeugen, eines Arztes, der durch
das Opfer oder dessen Familie benannt wurde, eines gesetzlichen Vertreters
des Opfers oder einer Fachkraft, benannt durch eine unabhängige medizinische
Vereinigung, stattfinden.
Ärzte, die innerhalb des Justizsystems tätig sind, sowie andere
Ärzte sollten über eine spezielle Weiterbildung und die notwendigen
Ressourcen verfügen, um alle Formen von Folter und anderer Menschenrechtsverletzungen
zu erkennen.
Die gerichtsmedizinischen Dienste sollten gut ausgestattet sein; Ärzte
und Gerichtsmediziner sollten unabhängig von den Sicherheitskräften
arbeiten.
Empfehlungen für Personal von Justizvollzugsanstalten und Polizeistationen
Die Behörden sollten die Richtlinien zur Behandlung von Gefangenen überprüfen
und gewährleisten, dass der Umgang mit ihnen menschenwürdig ist
und in Einklang steht sowohl mit dem Peruanischen Gesetz, als auch mit den
Richtlinienkatalog der Vereinten Nationen zum Schutz aller jeglicher Art
von Haft oder Strafgefangenschaft unterworfenen Personen, den UN Mindeststandards
für die Behandlung von Personen im Strafvollzug und der UN Konvention
über die Rechte des Kindes.
Inhaftierten sollten sich in voneinander getrenntem Gewahrsam befinden, abhängig
davon, ob die Inhaftierten ihren Prozeß erwarten, bereits ein Rechtsspruch
erfolgt ist, oder ob sie sich im offenen, halboffenen oder geschlossenen
Vollzug befinden, als auch bezüglich der Schwere der Anklage.
Die Behörden müssen gewährleisten, dass alle Personen weiblichen
Geschlechts, die sich in Gewahrsam oder Haft befinden, von den Personen männlichen
Geschlechts getrennt sind. Männliches Personal in Justizvollzugsanstalten
und polizeilichen Einrichtungen, die weibliche Personen betreuen, sollte
grundsätzlich von weiblichem Personal begleitet werden.
Praktiken, die Personen weiblichen Geschlechts, die sich in Gewahrsam oder
Haft befinden, diskriminieren, müssen abgeschafft werden.
Die Behörden müssen gewährleisten, dass jedes Kind, das sich
in Gewahrsam befindet, menschenwürdig und respektvoll und auf eine Art
und Weise behandelt wird, die seinem Alter entspricht.
Ein Kind, das sich in Gewahrsam befindet, muss getrennt von erwachsenen Personen
untergebracht sein, es sei denn, dass es im Interesse des Kindes ist, dies
nicht zu tun. Wo Unsicherheit über das Alter einer jungen Person besteht,
sollte eine Minderjährigkeit angenommen werden, bis Sicherheit über
das Alter besteht.
Entsprechende finanzielle Mittel für Personalsuche, Gehälter, Ausbildung
und Monitoring sowie die Einführung und Weiterentwicklung neuer, notwendiger
Richtlinien und Verhaltenscodices für Personal im Justizvollzugssystem
müssen zur Verfügung stehen
Ein offizielles und mit angemessenen Mitteln ausgestattetes System sollte
durch regelmäßige Besuche und Inspektionen der Vollzugsanstalten
und polizeilichen Einrichtungen gesichert werden. Die Inspektionen sollten
von einer unabhängigen Körperschaft, gebildet von Fachleuten, einschließlich
Richtern, Staatsanwälten, Ärzten und Rechtsanwälten durchgeführt
werden und alle Orte, an denen Personen in Gewahrsam gehalten werden, einschließlich
Zellen in Polizeistationen, Untersuchungshaftanstalten, Einrichtungen der
Sicherheitskräfte und Gefängnisse umfassen. Während solcher
Inspektionen sollten die Mitglieder der Untersuchungsteams die Möglichkeit
haben, die sich in Gewahrsam befindlichen Personen privat zu sprechen. Die
Ergebnisse des Untersuchungsteams sollten veröffentlicht werden.
Quelle: ai Bochum
http://www.ruhr-uni-bochum.de/amnesty/Peru/PeruMenschenrechte/perumenschenrechte.html