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Genf, 13. April 2004
(Man beachte die Anmerkungen, da die Redezeit laut Geschöftsordnung auf 3 Minuten begrenzt ist.)
Ab 1980 fand in Peru ein interner Krieg [1] statt, der von der Kommunistischen Partei Perus gegen den peruanischen Staat begonnen wurde. [2] Dieser rief den so genannten "Notstand" aus, und eliminierte den formal unwiderrufbaren Kern der Menschenrechte. Er setzte "Politisch-Militärische Kommandos" mit Macht über Leben und Tod ein und schuf ein Rechts- und Gesetzessystem gegen die Subversion, die verfassungswidrig und unvereinbar mit den internationalen Abkommen über Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht ist. [3]
Auf diese Art wandte er eine Politik des Völkermords an, deren Ergebnis mehr als 4000 Massengräber und Tausende von zwangsweise Verschwundene sind, wie die Wahrheits- und Versöhnungskommission aufzeigte.[4]
Ab Mai 1992 wurde das verfassungswidrige System der antisubversiven Strafverfolgung konsolidiert. Man leugnete, dass es sich um einen Krieg handelte, und definierte die Taten der Aufständischen per Gesetz als Terrorismus, also nicht als politisches, sondern als kriminelles Delikt [5]. Damit folgte man den Richtlinien der USA zur Stigmatisierung der Revolutionäre in der Welt zwecks Rechtfertigung einer verstärkten Repression.
Das Zentrum und Kernstück dieses Systems ist das Ausnahmegesetz, das die Tatbestände, die als Terrorismus betrachtet werden, nur vage definiert, diesen Tatbestand außerhalb des Strafgesetzbuches stellt und nicht festlegt, welches gesetzliche Gut beschützt werden soll. [6]
Teil dieses Systems ist ein Verfahren ohne die Garantie der Öffentlichkeit und eine Jurisdiktion für Terrorismus [7], bestehend aus Sonderrichtern und -tribunalen, die einzig für das so genannte Delikt des Terrorismus zuständig sind und einen Nationalen Gerichtshof bilden, der nicht in den Organisationsgesetzen der Justiz vorgesehen ist und dessen Zweck es ist, Strafen von 20 Jahren bis zu lebenslänglicher effektiver Haft ohne Strafminderung zu verhängen. Strafen dieser Höhe sind derzeit im allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches nicht vorgesehen. Somit handelt es sich weiterhin um Strafen, die durch ein Ausnahmegesetz festgelegt werden. [8]
Dieses verfassungswidrige System der antisubversiven Strafverfolgung betrifft 2000 Gefangene und 15000 von der Justiz mit vorläufigem Haftbefehl Gesuchte, die von einem derartigen System keine fairen Prozess und kein gerechtes Urteil erwarten können.
Derzeit wird das Recht auf Verteidigung, konkret das Recht auf die Vertraulichkeit der Gespräche mit dem Anwalt und die ausreichende Zeit zur Vorbereitung der Verteidigung, eingeschränkt. Man hat im Militärgefängnis der Marinebasis Callao, wo rechtswidrig Zivilisten inhaftiert sind, Besucherkabinen eingeführt, womit man zur Haftordnung aus der Zeit Fujimoris zurückgekehrt ist, und es besteht die Absicht, diesen erneuten Affront auf die übrigen Gefängnisse auszudehnen, wo Kommunisten in Haft gehalten werden.
Ich bitte um die Untersuchung dieses mit den Menschenrechten unvereinbaren Rechtssystems und um einen Besuch des Hohen Kommissars für Menschenrechte in Peru.
Anmerkungen:
[1] Wie der internationale Strafgerichtshof im Fall von Ex-Jugoslawien in der Sache Ankläger gegen Tadic, Nr. IT 94 AR 72 in der Entscheidung des Revisionsgerichts festgestellt hat, existiert ein bewaffneter Konflikt, wenn "der Einsatz der Streitkräfte zwischen Staaten oder eine langfristige bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Regierungstruppen und bewaffneten Organisationen oder Gruppen oder zwischen derartigen Gruppen innerhalb eines Staates vorliegen. Das humanitäre Völkerrecht ist auf derartige Konflikte von ihrem Beginn an anwendbar und gilt über die Einstellung der bewaffneten Auseinandersetzungen hinaus bis eine Situation des allgemeinen Friedens, oder im Fall von internen Konflikten, eine friedliche Übereinkunft erzielt worden ist."
[2] Doch der peruanische Staat hat diesen Zustand des internen Krieges nie anerkannt, mit dem offensichtlichen Ziel, die Verpflichtungen aus den Abkommen über die international geltenden Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht, die von der Exekutive unterzeichnet, vom Parlament befürwortet und in die nationale Gesetzgebung aufgenommen worden sind, zu umgehen.
[3] Zum Beispiel die Amerikanische Konvention für Menschenrechte bzw. der Pakt von San José, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UNO, die Genfer Konvention von 1949, insbesondere das 2. Zusatzprotokoll von 1949.
Beide Rechte gehen davon aus, dass es einen Kern von Menschenrechten gibt, die in keinem Fall außer Kraft gesetzt werden können, sowie einige andere, die im Fall eines Ausnahmezustandes begrenzt eingeschränkt werden können. In Peru sind das der Notstand und der Ausnahmezustand. Der erste wird in Situationen einer ernsthaften Gefahr für die nationale Sicherheit eingesetzt und tastet den größten Teil der Rechte nicht an, während der zweite in einer Situation des Bürgerkriegs oder des externen Krieges oder im Fall der Gefahr, das solche ausbrechen, angewandt werden kann.
[4] Die Wahrheitskommission wurde mittels eines Regierungsdekrets geschaffen und bestand anfangs aus 5 Mitgliedern. Danach benannte die Regierung Toledo sie in Wahrheits- und Versöhnungskommission um und fügte ihr 7 Mitglieder hinzu. Sie erhielt den Auftrag, die Verbrechen "einiger Vertreter des Staates" und der "terroristischen" Organisationen zu untersuchen. Auf diese Art wurden die höchsten Entscheidungsebenen des Staates, deren Verantwortung am Völkermord offensichtlich ist, wie man unter anderem den Sitzungsprotokollen des Ministerrats entnehmen kann, von der Untersuchung ausgenommen. Somit war die Wahrheitskommission von vornherein darauf angelegt, die Straffreiheit zu begünstigen. In ihren Schlussfolgerungen brachte sie deutlich zum Ausdruck, dass sie keinerlei Verantwortung bei den Regierenden Belaúnde, García Pérez und Fujimori für Handlungen wie den systematischen Plan der Vernichtung von Gefangenen von 1985, 1986 und 1992 sah, die von diesen direkt angeordnet wurden, wie die Interamerikanische Menschenrechtskommission in ihrem Bericht über die Ereignisse im Gefängnis "Castro Castro" in Canto Grande im Jahre 1992 feststellte, wobei sie ausdrücklich Bezug auf die illegalen Hinrichtungen als eine Kette von Aktionen der Streitkräfte in den Gefängnissen Lurigancho, El Frontón und wieder Lurigancho und schließlich "Castro Castro" nahm. Bei diesen Ereignissen starben insgesamt mehr als 500 Personen, die ermordet wurden, trotz der Verpflichtung der Staaten, das Leben und den Schutz der Gefangenen zu gewährleisten. Bei alledem herrscht weiterhin vollkommene Straffreiheit.
Eine der Schlussfolgerungen, zu denen die Wahrheits- und Versöhnungskommission in ihrem Abschlussbericht vom August 2003 gelangt, ist, dass es einen Prozess des internen, jedoch nicht internationalen bewaffneten Konflikts gab und dieser sich entwickelte. Doch die Regierung greift diese Schlussfolgerung nicht auf, denn dann käme der Artikel 6 des 2. Zusatzprotokolls der Genfer Konvention von 1949 zur Anwendung, der verfügt, dass nach Beendigung des Konflikt eine möglichst weitgehende Amnestie gewährt werden soll.
Auf der anderen Seite spielt diese Wahrheits- und Versöhnungskommission die Verantwortung der Kräfte des Staates herunter. Dabei greift sie zu einer zweifelhaften mathematischen Methode, mit der sie die Berechnungsgrundlage ihrer Schätzungen umdreht, indem sie die Figur der illegalen Hinrichtungen und des zwangsweise Verschwindenlassens, sowie die Massaker an den Gefangenen und dem Volk durch den Staat mit so genannten Zwangsrekrutierungen, die die Kommunistische Partei von Peru im Laufe ihres Guerrillakrieges angeblich durchgeführt haben soll, vermischt.
In der Praxis wurde das Recht auf Leben außer Kraft gesetzt, und folglich jeder formale Unterschied, den es zum Ausnahmezustand geben könnte, aufgehoben, denn die "Politisch-Militärischen Kommandos" hatten vollkommen freie Hand und handelten mit der Aussicht auf Straffreiheit, die bis heute anhält. Außerdem wurde das Recht der Familien der Opfer, die in anonymen Massengräbern verscharrten sterblichen Überresten ihrer Toten ausgehändigt zu bekommen, missachtet und ihr Leid unnötig vergrößert.
Diese Wahrheits- und Versöhnungskommission hat die Existenz von objektiven Gründen für den Ausbruch und die Entwicklung des internen Krieges geleugnet und die Kommunistische Partei Perus als alleinigen subjektiven Hauptverursacher beschuldigt, weil diese beschloss, ihn zu beginnen. Obwohl die Kommission das Bestehen von Jahrhunderte langer Ausbeutung und Armut des peruanischen Volkes als Faktoren des Konfliktes beleuchtet, gelangt sie mit dieser Haltung nicht zur objektiven Realität dessen, was sie den tiefsten und größten bewaffneten Konflikt der peruanischen Geschichte nennt, eben weil es sich nicht um eine unabhängige Kommission handelte, wie es sie in anderen Ländern der Region gab. Im Grunde geht es darum, dass die Wahrheitskommission versucht hat, die politischen und sozialen Tatsachen, die die Ursache dieses internen Krieges waren, mit einer mittelalterlichen Ethik zu bewerten, indem sie die Opfer beschuldigt, "die Täter zu einer Antwort provoziert zu haben", während sie die grundlegenden politischen und juristischen Fragen, die der Nation und dem Volkes von Peru zugute gekommen wären, außer Acht lässt. Denn die fortdauernden Probleme, die der Krieg hinterlassen hat, sind Zehntausende Verschwundene, deren Schicksal nicht geklärt ist, Zehntausende Familien, die gegen die Straffreiheit des Völkermords kämpfen, Tausende von politischen Gefangenen, die einem verfassungswidrigen System der antisubversiven Strafverfolgung ausgeliefert sind, das unvereinbar mit den Menschenrechten und dem humanitären Völkerrecht ist, Hunderttausende von internen Flüchtlingen, Tausende von der Justiz Verfolgte, hauptsächlich Bauern, Tausende von Exilanten, sowie die Fortsetzung der bewaffneten Aktionen in einigen Regionen, was sicherlich derzeit nicht den Fortbestand des peruanischen Staates gefährdet.
[5] Siehe hierzu den Bericht der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte über Terrorismus und Menschenrechte vom Oktober 2002. In diesem Dokument gelangt man zu dem Schluss, dass dieser bis jetzt international als juristische Definition nicht existiert. Eine gültige juristische Definition wäre die Schaffung eines Straftatbestandes, der ein hinlänglich definiertes juristisches Gut und eine Beschreibung der strafbaren Handlungen enthielte, so dass die Möglichkeit besteht, die Personen ausschließlich aufgrund ihrer objektiv nachgewiesenen Schuld zur Verantwortung zu ziehen. Wie wir wissen, wurde die psychologische Beschreibung des Terrorismus von allen Regierungen manipuliert, die sich durch revolutionäre Akte oder Aktivitäten bedroht sahen.
[6] Das System der antisubversiven Strafverfolgung war der Anlass für eine Verfassungsbeschwerde vor dem Verfassungsgericht im Jahre 2003, mit der erreicht wurde, dass diese teilweise für verfassungswidrig erklärt wurde, insbesondere, was das so genannte Delikt des Landesverrats angeht. Doch aufgrund einer Interpretation durch das Verfassungsgericht, die rückwirkend anwendbar ist, besteht die Typisierung des Delikts des Terrorismus fort, wodurch das Legalitätsprinzip verletzt wird, denn die Definition dieses Delikts beinhaltet weiterhin keine Festlegung des schützenswerten juristischen Guts, und die Beschreibung der strafbaren Handlungen ist diffus und basiert nicht auf einem subjektiven Straftatbestand, sondern auf der Feststellung allgemeiner Verantwortung. Da der Gesetzestext für den Straftatbestand keine strafrechtliche Verantwortlichkeit festlegt, sondern eine allgemeine Verantwortlichkeit, denn er bezieht sich auf "jeden Akt", der Unruhe in der Bevölkerung hervorruft, vertrat das Verfassungsgericht, dass diese Lesart verfassungswidrig sei und man das Gesetz auf andere Art interpretieren müsse als sein Text besagt, um die subjektive Verantwortung der Person einzugrenzen. Darauf fügte es dem Text den Vorsatz, Unruhe hervorzurufen, hinzu, obwohl es in einem anderen Urteil entschieden hatte, dass das zu schützende juristische Gut die verfassungsmäßige Ordnung sei, die im Strafgesetzbuch durch den Straftatbestand der Rebellion geschützt ist, während das Delikt des Terrorismus in einem Ausnahmegesetz festgelegt ist und auch nicht zurück ins Strafgesetzbuch übernommen werden kann, denn es war nie Bestandteil dieses Gesetzeswerks. Da die allgemeine Verantwortlichkeit durch die Verfassung und internationale Abkommen verboten ist, bedeutet die Umwandlung in subjektive Verantwortlichkeit in Wirklichkeit die Schaffung eines neuen Straftatbestands durch das Verfassungsgericht. So verstößt es gegen das Verbot, Strafgesetze hervorzubringen, indem es sich nicht nur eine Befugnis zur Gesetzgebung anmaßt, die ihm anders als z. B. dem Verfassungsgericht von Österreich dem Gesetz nach nicht zukommt, sondern auch das Recht, ausdrücklich die rückwirkende Anwendung dieses Straftatbestands anzuordnen, was gegen den Grundsatz verstößt, dass kein Gesetz rückwirkend angewendet werden darf.
Als das Delikt des Landesverrats für verfassungswidrig erklärt wurde, hätten nach der Verfahrensordnung des Verfassungsgerichts alle, die wegen dieses falschen Tatbestandes verurteilt worden waren, frei gelassen werden müssen, denn sie befanden sich aufgrund von Urteilen aus verfassungswidrigen Verfahren in Haft. Doch das Verfassungsgericht entschied, dass ein gesetzliches Vakuum bestände, und forderte den Kongress auf, ein Gesetz zu verabschieden, das die Urteile aus den Prozessen vor Militärgerichten für nichtig erkläre und die Durchführung neuer Verfahren anordne, deren zwingende Voraussetzung ein vorheriges Ersuchen der Betroffenen sein müsse, ausgehend davon, dass ein neuer Prozess nur mit deren ausdrücklichem Einverständnis eingeleitet werden könnte, weil andernfalls der Grundsatz non bis en idem verletzt würde, zumal es auch die Theorie vertrat, dass diese Dekrete in der Rechtsordnung Bestand hatten. Das bedeutete, dass die besagten Gesetze, die ungültig sind, weil sie von einer nicht verfassungsgemäßen Regierung erlassen worden sind, weiterhin volle Wirksamkeit hatten, bis sie außer Kraft gesetzt oder für verfassungswidrig erklärt wurden.
[7] Die Sonderjurisdiktionen sind Justizorgane, die für einen Teilbereich des materiellen Rechts zuständig sind, um die Betroffenen zu privilegieren oder zu diskriminieren. So gab es zum Beispiel in Peru eine kirchliche Gerichtsbarkeit, und es gibt eine Militärgerichtsbarkeit, und es gab auch eine Agrargerichtsbarkeit. Seit 1979 rückte man in Peru vom System der Spezialjurisdiktionen ab und verteilte die Jurisdiktion im Rahmen der Organisationsstruktur der Justiz nach Materien, und somit gibt es Zivilgerichte, Familiengerichte, Arbeitsgerichte, Strafgerichte usw. Jede von ihnen wendet einzeln oder kollektiv den Grundsatz der Einheit des Gesetzes an, und ihre Spezialisierung nach Materien bezieht sich auf die Anwendung von speziellen Gesetzeswerken, den Gesetzbüchern, wie z. B. das Strafgesetzbuch, das Zivilgesetzbuch oder das Kinder- und Jugendgesetzbuch. Für Terrorismus hat man dagegen einen Nationalen Gerichtshof eingerichtet, der ausschließlicher "Eigner" des Dekrets 25475 ist, das sich auf Terrorismus bezieht. Diese Abspaltung eines Teils des Strafrechts ist laut Verfassung nicht zulässig und verfolgt Ziele, die mit einem demokratischen System unvereinbar sind.
[8] Bezüglich der Behandlung der politischen Gefangenen verfügte es eine wahrhaft systematische Vernichtung mittels eines Systems der vollkommenen und absoluten Isolation in den Zellen mit einer halben Stunde Besuch in Besucherkabinen mit Trennscheibe monatlich und einem demütigenden und entwürdigenden System der Überprüfung und Durchsuchung der Angehörigen.
Zu diesem System will man in der Folge der immer offensichtlichen Verhärtung der Positionen der Regierung Toledo zurückkehren.
(Übersetzung aus dem Spanischen)